Das Christian-Dietrich-Grabbe-Portal
 
GAA, Bd. II, S. 335 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. II, S. 335]

 


Vitry Da kommen Gensd'armes!
Duchesne Laß sie kommen, Freund. Ich muß es aussprechen
und die Wahrheit verkünden. Selig sind die, die da blind
sind, und zu sehen wähnen, aber unselig sind die Sehen-
5 den, welche bemerken, daß Blinde Handschrift nichts erblicken, und
dennoch handeln, als sähen sie. Der König ist gut, aber
das Geschmeiß der Aasfliegen aus den Zeiten der Pompa-
dours verdunkelt ihm das Auge. — Hinter russischen, hin-
ter preußischen Bajonetten wähnen sie die Nation mit Edik-
10 ten niederschlagen und sich selbst erheben zu können —
Aber wartet! —
Chassecoeur Nur nicht zu lange, mein Herr.
Erstdruck Duchesne Noch ist es nicht aller Tage Abend, und wär er
da, so möchte wieder gebadet in den Wogen seines heimat-
15 lichen Mittelmeers mit neuem Glanze ein ungeheurer
Meerstern aufsteigen, der die Nacht gar schnell vertriebe!
Vitry Der Stern hat einen grünen Rock an, Obristenepauletts,
weiße Weste, weiße Hosen, einen kleinen Degen, Handschrift und
schlägt in der Bataille die Arme unter.
20Chassecoeur Wir schwingen sie desto besser für ihn!
Gensd'armes Aufruhrschreier — Ihr werdet verhaftet.
Duchesne Zeigt ein Gesetz, welches das erlaubt. Frei zu
reden, ist nirgends verboten.
Chassecoeur Frei essen wäre besser.
25Volk Da kommt der Herzog von Orleans!
Chassecoeur Der ist von der bourbonischen Rasse noch der
erträglichste. Die krumme Nase hat er aber auch.
Erstdruck Viele aus dem Volk Respekt vor ihm, — Er ist der Sohn
Egalités, und kämpfte für Frankreich, als sein Vater auf
30Handschrift dem Schafott fiel.
Herzog von Orleans Gensd'armes, was für Leute verhaftet
ihr da?
Ein Gensd'armes Aufrührerische Redner, mein Fürst.
Herzog von Orleans So laßt sie frei, auf der Stelle —
35Es geschieht
Wehe dem Lande, das sich vor Reden und Rednern zu
fürchten hat.
Volk Hoch Orleans, einst König.
Herzog von Orleans Das letztere nie, — doch stets euer
40 Freund. Er entfernt sich
Viele Stimmen Welch ein trefflicher Prinz!

 

 
 
Werktext:Anmerkungen: