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[GAA, Bd. VI, S. 94]

 


die ich seit den Jahren meiner Ehe fast gar nicht
einmal gesehen, haben mich sämmtlich besucht
u. mich auf das dringendste zu wiederholtem freundschaftlichen
Verkehr aufgefordert; in meiner dürftigen Lage aber
5muß ich leider, darauf verzichten, da der Umgang mit Kosten
verknüpft ist, die zu bestreiten, ich nicht vermag. —

  Einen Trauerfall habe ich Dir, lieber Grabbe, zu melden, der
mich sehr ergriffen u. Dich nicht minder betrüben wird. Unser
guter Blume starb nämlich plötzlich, getroffen vom Schlage,
10nachdem er noch eine Viertelstunde zuvor mit aller Manneskraft
einen Zahn ausgehoben hatte, am 22sten Oct., u. ist am
26sten darauf vom Militairgericht beerdigt worden. Da der
gute Mann mir so unendlich viele Theilnahme bezeugt, so
ist sein Tod ein schmerzlicher Verlust für mich. Er hat mich
15bis zu seinem Ende stets besucht, u. mich zu trösten sich bemüht
u. mir bei meinen Uebeln guten Rath gegeben. Seine fast
maschinenmäßig, stets wiederholten, komischen Ausdrüke u.
Redensarten, habe ich in Verse zusammen gereimt; ich lege
Dir hier eine Abschrift davon bei u. schmeichle mir, daß
20Dir solche durch die lebendige Erinnerung an den Verewigten
Vergnügen machen werde. Von den Beifall, den diese Verse
hier bei Blumens Gönnern gefunden, k[anns]t Du Dir gar
keinen Begriff machen. Ich wollte sie durch[aus] nicht aus
den Händen geben; aber ich habe sie nicht darinn erhalten
25können. In- u. außerhalb Detmolds haben sich Abschriften
davon verbreitet. Man glaubt, ich habe den Seligen dadurch
ganz vergegenwärtigt.

  Nun befinde ich mich in großer Verlegenheit. Du ließest
mir nämlich vor Deiner Abreise durch Sophie sagen: „Deine
30Obligationen u. Quittungen befänden sich in Deinem
Schranke, ich möchte diese ja wohl verwahren.“ Nun habe
ich zwar Quittungen darinn gefunden, aber keine Obligationen.
Ich zog bei Hrn. Ziegler Erkundigung ein „ob
er Obligationen von Dir in Verwahrung habe?“ erhielt aber
35ein „Nein“ zur Antwort. Da ich nun auch in Deinem Zimmer
alle die Sachen, die sich um Dich befanden, vermißte und von
Müller u. Schulz erfahren, daß Du allein die Uhr von mir
mit dem Uhrschlüssel, der das Bild meiner theuren Großmutter
verbirgt, mitgenommen, lies ich auch Deine Mutter fragen,
40ob sie Papiere oder Sachen, namentlich 2. silberne Uhren,
einen silbernen Zuckerbecher mit Löffel (den Du mir noch