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GAA, Bd. I, S. 47 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. I, S. 47]

 


Du warst vereinet mit dem Brudermörder;
Du hast gefrevelt, weil du ihm nicht wehrtest,
Du hast gefrevelt, weil du ihm geholfen,
Du hast gefrevelt, weil du es so lang verschwiegst;
5Erbarme Gott sich deiner, — ich bin
Ein Mensch, bei meiner Seligkeit, ich kann
Es nicht!Handschrift  Er reißt den Rolf an die Tür des Gewölbes
Rolf Ihr hört mich nicht! ich schweige! und wenn
Ihr nun auch bittet, doch will ich nicht reden!
10Und nur dies Schweigen ist es, was mich tötet;
Erstdruck Doch solcher Tod erträgt sich, da ich weiß,
Daß mein starrsinniges Verstummen
Mich schrecklich rächen und
Euch mehr als Tod verderben wird!
15Berdoa Herzog,
Macht mit dem Schufte doch kein Federlesen!
Rolf zu Gothland; sehr laut
Schlaf nur! wenn einstens Donner dich erwecken,
Handschrift Dann wird die Höll an deiner Seele lecken
20Und wünschen wirst du, daß du nie gewesen!
Gothland ihn in das Grabgewölbe stoßend und die Tür hin-
ter ihm zuwerfend
Es komme über mich dein Blut!
Berdoa Dem schiens
25Gar sehr zu reuen, daß er Wahrheit Euch
Verkündet hatte, weil Ihr sie
Mit seinem Leben ihm bezahltet!
Gothland — Schwer
Und traurig ist das Amt, das mir geworden:
30Handschrift Den Bruder soll ich an dem Bruder rächen!
Rächen?? Nein, das ist Frevel! Rächen nicht!
Erstdruck Er ist mein Bruder auch! —
                    Allein die Untat,
Die auf die heiligsten Gesetze trat,
35Muß sein bestraft mit dem verdienten Lohne!
Kurze Pause
Ich eile zu des Königs Throne,
Den König und die schwedischen Barone
Aufrufend zu 'nem Blutgericht;
40Als Kläger tret ich vor die Schranken,
Und jammert auch mein Herz, ich darfs Handschrift nicht achten!