| [GAA, Bd. V, S. 92] Mühe riß ich mich endlich los und eilte weiter, indem ich mich unterwegs mit der Erinnerung begnügte. So kam ich nach Braunschweig und fand in dem Doctor Köchy einen treuen Helfer; aber noch besser und sicherer nützte mir Ihr 5Brief, geliebtester Meister. Eine Anstellung wurde mir zwar schon beim ersten Besuche, den ich Klingemann machte, unbedingt versagt, und ich saß grade zerstört und hoffnungslos auf meinem Zimmer im Gasthofe, als mir die tröstende Nachricht gebracht wurde, daß mir die Theaterdirection auf Veranlassung 10Ihrer Empfehlung, für eins meiner Schauspiele 30 rthlr. geben wolle. Ich reichte Nannette und Maria, welches ich gut abgeschrieben bei mir hatte, dafür hin, und unter der ausdrücklichen Erlaubniß, es dennoch drucken zu lassen, wann es mir gefiele, ward es angenommen. Nun konnte ich nach 15Hannover reisen und dort mein Glück versuchen; ich habe jedoch immer ein bischen Unglück, und so war denn der Freiherr von Grothe, welcher dort alles gilt, am Morgen meiner Ankunft abgereis't. Jetzt gingen meine Hoffnungen auf das Theater zu Bremen, und ich wäre dahin gereist, wenn nicht 20meine Baarschaft bis auf siebzehn Thaler zusammengeschmolzen wäre; ich hielt es also für besser, mich aufzumachen, allen Hohn zu ertragen und meinen Eltern zwölf Thaler Geld zu bringen. Wenn ich meine Mutter nicht zu sehr liebte, so würde ich ihr die elenden Zweigroschenstücke auf der Post geschickt 25und für mich einen edleren Weg eingeschlagen haben; ich hätte nämlich blind und dreist mein Geschick versucht; aber wenn sie nicht wüßte, wo ich wäre und was ich triebe, so würde es ihr seyn, als wenn ihr ein Arm fehlte. So schlich ich mich Nachts um 11 Uhr in das verwünschte Detmold ein, weckte 30meine Eltern aus dem Schlafe, und ward von ihnen, denen ich ihr ganzes kleines Vermögen weggesogen, die ich so oft mit leeren Hoffnungen getäuscht, die meinetwegen von der halben Stadt verspottet werden, mit Freudenthränen empfangen. Ja, ich mußte mich noch obendrein mit der plumpsten 35Grobheit waffnen, weil ich sonst in das heftigste Weinen ausgebrochen wäre und eine ifflandische Scene aufgeführt hätte. — Nun sitze ich hier in einer engen Kammer, ziehe die Gardinen vor, damit mich die Nachbarn nicht sehn, und weiß keine Menschen in den gesammten lippischen Landen, 40denen ich mich deutlich machen könnte, selbst dem Herrn Pastor Pustkuchen nicht. Mein Malheur besteht einzig darin, |
| |