| [GAA, Bd. IV, S. 34] von Shakspeares Einflusse. Neben diesem Einflusse ist darin aber auch die Einwirkung Goethes, der encyclopädischen und der damaligen deutschen Philosophie und des, wie Windeswehen vor dem Gewitter, in Oden, Declamationen, 5Staatsanzeigen und Pamphleten vor der französischen Revolution hergehenden Freiheitsdranges nicht zu verkennen. Merkwürdig genug hat ohngefähr mit der Zeit der französischen Revolution die deutsche Literatur ihr Zenith erreicht, und vieles was man bisher in deutscher Kunst vom Shakspeare 10herdatirt, läßt sich richtiger aus der Einwirkung des damaligen revolutionären Zeitgeistes erklären. Was aber an den Räubern dem Publico gefiel, war wieder nicht eben das sogenannte Shakspearische. Dieses hatte, wie fast überall, nur in der Form seinen Sitz. Die erhabene, 15überall hervorleuchtende Begeisterung des Dichters (Shakspeare sucht die seinige zu verstecken, und zwar, so lange er dennoch Begeisterung erweckt, mit Recht), eine Tiefe und Gewalt des Gefühls, welche selbst sich oft an die Stelle des Characters drängt (bei Shakspeare herrscht der Character 20stets vor), dabei alles in der kräftigen Sprache Luthers vorgetragen, — das war und ist es, was das deutsche Volk am Schiller sucht, bewundert und empfindet, das ist es, was in sämmtlichen Schiller'schen Werken, wenn sie auch der Form nach dem Shakspeare noch so nahe stehen, das auszeichnende 25Merkmal bleibt. Er selbst spricht in dem Vorworte der Braut von Messina deutlich aus, wie wenig ihm der Shakspeare genügt. Schiller begann die deutsche Tragödie, Kotzebue die deutsche Comödie zu beherrschen. Die Opposition blieb nicht 30aus. Wohl vorzüglich gegen Schiller, den mancher beneidete, erhob sich die romantische Schule (die Schlegel, Novalis, Tieck pp.) Diese bemühete sich der allgemeinsten Objectivität in allen spanischen, englischen, italiänischen und mittelalterlichen Darstellungsformen zu huldigen. Trotz der ausgebreiteten 35Gelehrsamkeit des älteren Schlegel, der für Genialität ausgerufenen Bizarrerien seines Bruders und der wirklich trefflichen Poesie Tiecks, war (wie schon Pustkuchen in seinen Wanderjahren nicht mit Unrecht bemerkt) dieser Verein nicht kräftig genug, seine Grundsätze zu den herrschenden zu machen. 40Daher wurde Goethe (wohl ohne seine Einwilligung) zum Meister erkohren, und als auch dieses nicht ausreichte |
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