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[GAA, Bd. VI, S. 332]

 


                    Handschrift Liebe Mutter!

  Der Cammerrath Führer kann nach so viel Jahren keine
30 Rthlr. nachfodern. Mein Schwiegervater war bei der Leihbank
der Vorgesetzte, willigte er in Ausleihe ein, und wär's
5bei seiner Krankheit nur mündlich gewesen, weil er nicht anders
konnte, so möchten eher ich und meine Frau den Aerger essen
müssen. Doch Führers und Hrn. Wagners Schuldigkeit war's,
sowohl bei meines Vaters Lebzeiten, seitdem sie die Geschäfte
übernommen (wo auch Neese's Concurs, so viel ich weiß, noch
10nicht ausgebrochen war) sich um die Sache und
meines Vaters gut geführte Bücher zu kümmern, besser als
sie gethan, zeitig bei Neese ihre Rechte zu wahren, nicht aber,
da circa seit 5 Jahren alles beendigt ist, längst dein Rechnungsabschluß
da ist, dich wieder zu quälen. Sie scheinen
15sogar die Sache so wenig Handschrift gekannt zu haben, daß sie binnen
5 Jahren nicht einmal die Zinsen gehoben, bei welcher Gelegenheit
sie gewiß von dem Stand der Dinge unterrichtet worden
wären, und zeitige Maaßregeln hätten treffen können.
Ist die Neesische Anleihe wirklich da, so haben sie die Schuld,
20daß sie so lange daran nicht dachten. Sonst können sie auch
noch nach 20 Jahren vielleicht etwas Aehnliches aus den ihnen
übergebenen Papieren herausclaviren. Auch war und ist weder
der Commissar der Leihbankscommission noch ihr Verwalter
verpflichtet, für zufällig eintretende Bankerotte und Unglücksfälle
25zu haften, haben sie nur mit ehrlichem Sinn gehandelt.
„Den Zufall trägt der Herr“ heißt es, also hier die Leihbank.
Mein Vater und Schwiegervater sind jedenfalls im besten
Glauben gewesen. Bezahle nichts, ehe ich's nicht weiß. Meine
jetzige Adresse hat der Hr. Canzleirath Petri. Grüße Minchen
30und ihren Mann.Dein
Düsseldorf, 29. April 1836.    Christian.

[Am Rande der ersten Seite:] Will Führer künftig dir was,
muß er zu dir kommen. Er hat keine Botmäßigkeit über dich,
und hat jüngere Beine als du.
35 [Adresse:] An die Frau Witwe Grabbe.
                    Handschrift G. P. M.

Lassen Sie das über Recensionen nur aus. Bei der Kritik über
Lüge und Wahrh.[eit] muß aber das Datum der Aufführung]