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[GAA, Bd. VI, S. 119]

 


hervorgehobener Skizzirung einzelner Scenen. Ob auch der
Anfang trocken ist, mir gefiel er besser als nun das Ende.

  Ihr Reisejournal habe ich nun mit Aufmerksamkeit durchlesen,
und Viel darin gefunden. Meinem Wesen sagt aber
5vor allem Ihre Ansicht über den Liberalismus und seine Söhne
zu. Dieses Gesindel, das (ja, nehmen wir das Schlimmste, es
ist bei ihm das gewisseste) da schreit, um Lob und Diäten
zu haben, das überall die Steine zu Kalk macht, damit ein
Napoleon oder Cäsar einst Casematten so fester darüber
10kleben kann, diese Versammlungen von 100 Narren für Einen
Thron, welcher denn doch überall zu hoch steht, als daß er
vom Inhaber oder vom Pöbel so ganz und gar beschmutzt
werden dürfte wie manche sogenannte Kammer, könnten mich
Despotie zurückwünschen lassen. Roms Republik war ganz
15was anderes, wie wir wohl einmal mündlich discuriren könnten,
und Frankreichs Juli hat mir nur bewiesen, daß da Alles
ohne Halt ist, daß England (wie ich lange vorher prophezeite)
Frankreich durch scheinbares Anschmiegen betrogen hat: in
Belgien ist der König Coburg, halb englisirt, in
20Antwerpen liegen 50 engl. Kauffahrer gegen 1 franz.,
und Wellington ist wieder Minister. — — — Da fällt
mir die badische Ständeversammlung ein. Herr von Rotteck
gibt ihre Annalen heraus mit Portraits der Mitglieder. Ich
habe in mancher Menagerie bessere Visagen (die des Welcker
25geht so so) gesehen, besonders sieht man den Messieurs par
peuple an, wie wohlgefällig, vorsichtig und
ernst sie dem Maler gesessen. Nach Herrn von Rottecks
Geschichte, in welcher er sich auf Gibbon als seinen Führer
zu beziehen wagt, auf ihn, den er nicht einmal werth ist,
30zu erwähnen, war zu vermuthen, daß auf die ekelhafteste
Art das Widerlichste qua Portrait vorangestellt wurde, und
richtig er steht voran, mit einer Nase, die nach Weisheitskörnern
zu picken scheint, und einer Stirn, gespannt wie
Trommelfell (leider hatte M. v. Weber gleiche Stirn, er trommelte
35aber doch Max, Aennchen und Agathe heraus.)

  — Wie? Ist die Madonna, die sixtinische, in Dresden, ist
die durch die Auffrischung schlechter geworden, etwas Characteristisches
in dem Gemälde zerstört? O, ich fürchtete es
lange, die hätten sie eher groß untergehen lassen sollen, statt
40daran zu arzneien. Sie, Immermann, deuten's nur halb
an — Ist es? Niemand hat noch dieß Weib mit dem Kinde