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[GAA, Bd. V, S. 159]

 


Poesie! ich halte das Herz für eine in das unrechte
Loch gelaufene Billard-Kugel! ich bin, wenn ich eitel bin,
eher auf alles andere eitel als auf meine früheren Poesie-Producte,
— ich fühle, sie jetzt weit überflügeln zu können,
5aber, bei meinem Mephisto, sollte ich mich irren, oder haben
meine Dir überschickten Dramen nicht mehr Kern, Feuer pp
als die Eseleien der sämmtlichen heurigen Dramatiker? Diese
letzteren Herrn sind fein, oft regelrecht (wie die Ignoranten
nach Maaßgabe ihrer Kritik meinen) — aber das auch zu
10werden, Handschrift ist mir jetzt wahre Kleinigkeit, — machen die
Herren nur erst Bilder, Gedanken, Pläne, Entwürfe, verschiedene
Charactere, wie ich sie vor 5 Jahren machte. Dieß
ist keine Prahlerei, — wollt' ich mir jetzt auf Poesie etwas
einbilden, das wäre als wenn ein Schmidt sich damit rühmte,
15daß er sich für einen tailleur ausgäbe, — in einer Sache die
mir innerlich schon lange jetzt auch der äußeren Lage
nach nicht relevant war, kann ich wohl ohne Verdacht der
Selbstschmeichelei sprechen. —

  Die Vorworte! (Vor wörter dem Sinne nach? Nein!) —
20Glaub' mir, sie schützen, sie helfen. Tieck's Brief gleichfalls.
Manches kann stehen bleiben, weil die Vorreden davor
stehen. Bei Betrachtung der Total-Vorrede und der den Stükken
II, III, IV speciell vorgesetzten Notizen, wirst Du finden,
daß ich ex officio die Hessen-Darmstädtische Militair-Zeitung
25lese, und je höher schieße, je niedriger ich in der Ferne treffen
will. Meine Vorreden sind so trocken, daß sie vielleicht manche
Stelle der Stücke retten. Ich kann übrigens nicht nähen und
mein Copist hat fast noch mehr zu scribeln als ich, — hefte
Du die losen (losliegenden) Vorworte mit einer Stecknadel
30an den resp. Stellen fest, — sie fallen sonst heraus.

  Und nun, da ich einmal die Pastete überschicke, so rathe
ich auch, laß drucken. Lärm gibt's! Abgang auch! Die
Inmoralität übernehme ich oder das „Ganze der Composition!“
Hier zu Lande allein wird man eine Masse Exemplare kaufen
35(einer meiner Landsleute, ein reicher Kaufmann, ist jetzt in
Frankfurt beim Prof. Herling, — er kennt mich, und willst
Du Dir einen Spaß machen, so besuch ihn in meinem Namen
und bring' ihn auf mich — sprich aber nicht von früheren
Verhältnissen, — er heißt Meyer) —, die Berliner Clique,
40aus denen sich soviele Schriftsteller entwickeln, obgleich bei
der dürren Hitze sonst wenige Würmer hervorkriechen, wird