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[GAA, Bd. IV, S. 146]

 


und ich wette, die Aufführung wird hier gelingen. Dann aber
werd' ich verwöhnt, und verlange, dem deutschen Theater
die dramatischen Meisterwerke jeder Art und Zeit zu geben,
die Sakontala sowohl, als die Meisterwerke der Griechen
5und Römer, die da bloß aus Feigheit und Unwissenheit
vergessen sind.

  Bald gehen unsre Schauspieler für den Sommer nach Elberfeld.
Sie sind, mit Shakspeare zu reden, noch im frischen Thau
der Jugend, und ich rathe, ihre Leistungen von hier aus scharf
10zu beobachten. Keiner von ihnen glaube, er könne wirken
ohne das strengste Festhalten am hiesigen Ensemble, wo jedes
Wort, jeder Gestus der Mitspieler ihn unterstützt. In der
Fremde stände mancher bald fremd oder erniedrigt und vergessen
im Schlendrian.

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  Man achte sehr ernst auf diese nicht nominell, sondern
wirklich städtische Bühne. Das Theater ist die einzige öffentliche,
unmittelbar mit den verschiedenartigsten Kräften, allen
Mitteln wirkende Kunstanstalt im Norden. Es entfaltet bei
uns mehr als irgendwo die besten, die edelsten Werke, und
20das vor allem durch die Macht der Rede. Die Rede aber
ist uns Menschen die Seele des Schauspiels so wie der Welt,
und alles Uebrige muß sich nach ihr emporbilden, sonst würd'
es verachtet oder nicht verstanden.

  [S. 51] Erstdruck Die nachfolgenden Anlagen, meistentheils aus dem
25hier erscheinenden Journal Hermann abgedruckt, werden dem
Leser nicht unlieb sein, indem sie bei einigen bedeutenden
Stücken in das Einzelnere gehen. Die mir unbekannten Verfasser
der Kritiken über die Aufführung der Minna von
Barnhelm und Stella verzeihen mir wohl, daß ich sie hier
30benutze, — die Recensionen über Wallenstein, König Johann,
Alexis und Blaubart sind von mir.

  Und Churfürst Johann, von Immermann, das Vorspiel dieses
Theaters, schließe, auch als willkommene dichterische Zugabe
diese Schrift.Erstdruck