| [GAA, Bd. IV, S. 33] Hamlet), wenn es hoch kommt, einzelne Scenen und Sentenzen (einzig dadurch hat Hamlet sein Glück auf der Bühne gemacht), das Unbegreifliche der Handlung (was unbegreiflich ist, imponirt jedem, der sich wenig Begriff zutraut), 5das Bunte des Scenenwechsels und Ähnliches, — das ist es, was den „Gründlingen“ im Parterre und den „Zaunkönigen“ der Gallerien am Shakspeare groß, gewaltig oder wunderbar scheint, wie denn die modische Phrase grade heißt. Dieß verhielt sich bei Shakspeares erstem Auftritt in 10Deutschland just so wie jetzt, weshalb es nöthig war vorläufig davon zu sprechen. Nur ist zwischen Damals und Jetzt der Unterschied, daß damals kräftige Geister genug da waren, welche von den wahrhaft electrischen Blitzschlägen Shakspeares wohl erleuchtet, aber auch zu eigner Gluth 15entzündet wurden, ohne wie ein Bleigeräth davon in starre Schlacken verwandelt zu werden. Goethe, nachdem er mit dem Werther, welcher eher etwas Ossianisches als Shakspearisches an sich hat, erschienen war, trat im Götz von Berlichingen nicht sowohl als Nachfolger, 20sondern als Nebenbuhler Shakspeares auf. Höchstens die größere Freiheit der scenischen Behandlung, das kühne Beiseitlassen des Ortes, der Zeit und des gordischen Knotens, den die Franzosen mit Einheit der Handlung zu verwechseln pflegen, erinnerten an den Shakspeare, — das wahre 25Wesen des Stückes, die Charactere, die vorherrschende Empfindung, die Einfachheit und anspruchlose Größe, sind rein deutsch, und in einer Weise ausgedrückt, welche Shakspearen (der sich zu Goethe'n wie Michael Angelo zum Raphael verhält) nie zu Gebote stand. Auch ohne Shakspeare 30hätte Goethe einen trefflichen Götz zu Stande gebracht, und daß sein Genie, (welches nur den liebenswürdigen Fehler besitzt, im Hoch-Tragischen und Tief-Komischen zu sehr von der Anmuth, einem Begriff, der weniger umfassend ist als die Schönheit, sich zügeln zu lassen,) weder des Shakspeares bedurfte 35noch im Shakspeare das alleinige Heil der deutschen Bühne erblickte, bewiesen bald die Schöpfungen der Iphigenie, des Tasso, ja die Übersetzungen des Tancred, des Mahomet, waren unter anderen auch wohl Warnungen vor der Shakspearo-Manie.40 Nächst Goethe erhob sich Schiller am Gewaltigsten, und ohne Zweifel zeugen die Räuber, sein erstes großes Werk, |
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