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[GAA, Bd. III, S. 306]

 


du Römling? Vergaßest du den Buchenwald und den durch
seine grünen Blätter mit unzähligen Silbertropfen blinken-
den Morgen, an welchem wir uns zum erstenmal sahen?
Der Knecht Fürstin!
5Thusnelda Ich besinne mich. Laß den Fremdling ein!
Knecht ab
Varus kommt Gegrüßt!
Thusnelda Setze dich!
Varus Unter dem Gesinde?
10Thusnelda stolz Sitz ich nicht auch darunter? Es ehrt mich,
ich ehre es. So gleichen Herren und Diener sich aus.
Varus setzt sich Ländlich, sittlich.
Thusnelda Nimmst du mit unserer Fleischsuppe, unserm Ge-
müse, Schinken und Eber vorlieb?
15Varus essend Der Eber schmeckt gut, nur ranzig.
Thusnelda Wir mögen ihn nicht anders.
Varus De gustibus non disputandum.
Thusnelda zum Gesinde Satt?
Gesinde Ja.
20Thusnelda Lügt mir nicht!
Gesinde Wahrhaftig, wir sind satt.
Thusnelda Geht! Ihr drei Mägde bleibt und räumt den
Tisch.
Das Gesinde ab, außer den drei Mägden 25
Varus Hohe Frau, wie leicht, dich an Roms Weise und Bil-
dung zu gewöhnen. Gar Livia, die Kaisergemahlin, sehnt
sich nach dir.
Thusnelda Sie soll mir hier willkommen sein. Varus beißt
sich die Lippe. Thusnelda zu einer Magd Was zerbrichst
30 du? Wer einmal zerbricht, zerbricht immer. Aus dem Hause!
Varus Du bist hart.
Thusnelda Muß ich das nicht sein, soll ich Ordnung halten?
Da gucken auch die Pferde hungrig und durstig aus ihren
Verschlägen. Knechte, fürs Vieh gesorgt! Zu Varus Pro-
35 consul verzeihe! Deutsche müssen aufs Geringste achten, um
ein Mäßiges zu bewahren. In eurem Welschland ists geseg-
neter unter dem Duft der Oliven. Wo Armin?
Varus Er spürt aus und kömmt bald zurück; aufstehend
Fürstin, wirst plötzlich finster?
40Thusnelda Ich wüßte nicht —
Varus Bist du römisch gesinnt?