| [GAA, Bd. II, S. 332] Der alte Offizier O daß ich so alt geworden und nicht in einer Schlacht gefallen bin, ehe die Bourbons in Paris ein- zogen. Zu einer Stuhlvermieterin Dame, darf ich mich niedersetzen? Meine Füße sind sehr 5 müde, ich kann aber nicht für den Sitz zahlen.Die Stuhlvermieterin Ich seh Ihnen an, Sie sind ein Offi- zier der Großen Armee. Gebieten Sie über meine Stühle nach Belieben.Zeitungsausrufer Was Wichtiges! Wichtiges! Vom Palais 10 Bourbon, aus der Deputiertenkammer! Hier die Journale!Viele Stimmen Her damit — Lies sie vor! Eine alte Putzhändlerin Nein, hieher Ausrufer, — hieher — Deine wichtige Nachricht gehört an diesen Tisch!Zeitungsausrufer An das morsche, alte Brett? 15 Die alte Putzhändlerin Respekt vor ihm, Mann! Der Tisch ist klassisch — Auf diesem Fleck fiel zuerst das Fünk- chen, welches die Welt entzündete. Hier saß ich am zwölf- ten Juli des Jahres siebenzehnhundertneunundachtzig, nach- mittags gegen halb vier Uhr, an einem sonnigen Tage, und 20 selbst noch jung und heiter verkaufte ich einem fröhlichen Bräutchen aus St. Marceau einige Spitzen. Wir scherzten über den Preis und dachten an nichts als den Hochzeittag. Da kam ein Mann mit wild flutenden Locken, brennenden Augen, herzzerschmetternder Stimme — es war Camille 25 Desmoulins, — die Tränen rannen ihm aus den Augen, zwei Pistolen riß er aus der Tasche und rief: Necker hat den Abschied, eine Bartholomäusnacht ist wieder da, nehmt Waffen und wählt Kokarden, daß wir einander erkennen. Und seitdem ist er, sind der gewaltige Danton, der er- 30 habene Hérault de Séchelles, der schreckliche Robespierre unter dem Messer der Guillotine gefallen, seitdem hat der Kaiser über der Erde geleuchtet, daß man vor dem Glanze die Hand vor die Augen hielt, und ist doch dahingeschwun- den wie ein Irrwisch, drei meiner Söhne sind seitdem in 35 den Schlachten geblieben, — viel, viel Blut und unzählige Seufzer hat mir die Revolution gekostet, aber sie ist mir um so teurer geworden und an diesem Tische lies die wich- tigen Zeitungen! — Das ist ja jetzt mein letztes einziges Vergnügen! 40Volk Ja, braves Mütterchen, an deinem Tische soll er sie lesen! |
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