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GAA, Bd. II, S. 189 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. II, S. 189]

 


Sobald der frühre ist gestorben. Aber
Der Kaiser erblich herrschendes Geschlecht,
Bewache ewig schützend, alle ewig
In ihrer Kraft und ihren Rechten.
5Hermann von Thüringen Dazu
Geb ich die Stimme nie. Der deutsche Fürst
Ist stolzer, edler als die Kön'ge alle,
Weil er wahlfähig ist zur Krone Roms!
Den hohen Vorzug sollte er verscherzen?
10Wohl möglich, daß du selbst die Erblichkeit
Der Krone nicht mißbrauchest — Kannst du bürgen,
Daß es dein künftiges Geschlecht nicht tut,
Und, wie in Frankreich, diese Erblichkeit
Benutzt, die Lehn allmählich einzuziehen,
15Und statt Vasallen, Sklaven um den Thron
Zu sammeln? Erblichkeit verschafft vielleicht
In unsren Kaisern uns Eroberer,
Schafft einen Hof voll Pracht, wie jener in
Konstantinopel — Doch wird der Erobrer
20Nicht stets auch der Despot des eignen Volks?
Ersetzt scheinbare Pracht, (die Schlangenhaut,
Worunter Schmeichler und Verräter lauern, )
Der deutschen Fürsten, deutschen Städte Macht
Erstdruck Und Treue? — Herr, das Vaterland ist es,
25Was wir auf Kindes Kind vererben — Drum
Braucht seine Krone erblich nicht zu sein!
Kaiser Heinrich Wer sprach das?
Reichskanzler Hermann, Landgraf Thüringens.
Kaiser Heinrich für sich 30
Ich hätte als Vasall auch so geredet.
Erzbischof Konrad von Mainz
Groß, Kaiser, riesenhaft ist dein Entwurf,
Doch ist die Zeit für ihn zu klein, zu unreif.
Wie mancher Anspruch wäre zu bewältgen,
35Wie vieles Unbestimmte zu bestimmen,
Eh man sich über ihn verständigte!
Kaiser Heinrich
Thüringen du, und du Erzbischof — Mit
Derartgen Phrasen, wie ihr braucht, wird Deutschland
40So lang noch eingeschläfert werden, bis
Es einst sich selbst zerreißt, und seine Stücke