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GAA, Bd. I, S. 396 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. I, S. 396]

 


Nicht wieder — Sulla schlägt ihn in die Flucht —
Handschrift Ich sehe schon den aufgeschreckten Staub
Zum Himmel wirbeln. — Und dann naht
Die bittre Stunde, wo ich all den Ruhm,
5Den ich mein Leben lang getragen habe,
In einem einzgen Augenblick verliere!
Ihr Götter, muß ichs denn
Mir selbst gestehn, daß dieser Sulla mir
Zu mächtig ist, daß ich in jedem Kampf
10Ihm unterliegen werde, daß sein Geist
Den meinen überflügelt? Seit dem Krieg
In Afrika, wo er als Quästor sich
Zum ersten Mal hervortat, ahnt ich, wer
In ihm aufkeime, aber immer sucht'
15Ich es mir zu verbergen! — Eiserne
Notwendigkeit des Schicksals! Warum mußt
Ich just mit ihm im selben Säkulum
Geboren werden? Niemand könnte Stirn
Mir bieten, wenn nur er, Er nur
20Mir nicht im Wege stände! — Still, ich rufe
Zu heftig! — Leise! leise! — Man möchts hören.
Gedämpften Tones
— Auch werd ich alt: die Zeit ist meine Krankheit —
Erstdruck Sie zehrt mir in dem tiefsten Marke!
25Durch meiner Augen Fenster schaut nicht mehr
Der Löwe, wie wohl ehedem, — er ist
Zu einem gelben welken Herzchen ein-
Geschrumpft!
                — — Wenn ich so an die Hergänge
30Des Römerreichs und meines Lebens denke:
Wie ich erst Lämmer führte, dann Nationen,
Wie ich die Kimbern heut ausrottete,
Und morgen auf Karthagos Trümmern saß,
Und heut nun wieder dieses Rom
35Mit seinem Blute übergieße, wie
Mit seiner Abendröte — so erscheint
Die Himmelswölbung mir beinahe als
Das Innre eines ungeheuren Schädels
Und wir als seine Grillen! — Ich bin eine,
40Handschrift Die er, wie sehr ich auch mich sträube, im
Begriff ist zu vergessen!