Christian Dietrich Grabbe (Düsseldorf) an Heinrich Brockhaus (Leipzig)
Brief
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Hochgeehrtester Herr! Sie haben mich im Conversations-Lexikon nicht vergessen, deswegen vergeß' ich Sie auch nicht. Beiliegende Novelle ist mit Hülfe des Hr. Hartenfels von mir geschrieben. Sie ist 30lokal, doch für jeden Leser originell und bietet dem flachen Geschwätz Trotz, welches sich seit längerer Zeit unter Tiecks Aeglide, wie ich sub rosa sage, in die Romanenwelt schleicht. Nehmen Sie dieses Kind der Laune in irgend eine Ihrer Zeitschriften, oder in eines von Ihren Taschenbüchern auf, oder 35drucken Sie dieselbe apart. Wagen Sie ein Honorar dran, (wieviel überlaß' ich Ihrem Gutachten) und melden mir gütigst Ihren deshalbigen Entschluß. Ich könnte Ihnen nächstens Besseres liefern (wenn Sie es wollen) auf billige Bedingung. Auch
[GAA, Bd. VI, S. 337]
mein fast vollendetes Drama: „Die Hermannsschlacht“, das beste und kühnste, was ich in der Art geschrieben darunter. Von nun an schreib' ich selbst, was Sie mir verzeihen, indem ich wegen Kränklichkeit schlechte Buchstaben mache, indeß 5Ihnen doch meine Hochachtung bezeugen wollte. Ihr Vater rettete mich einmal mit einer Kleinigkeit aus Verlegenheit. Freilich auf Tiecks Anweisung. Indeß er that's. Nehmen Sie die Novelle, so bitte ich dann auch für einen tüchtigen Corrector zu sorgen. Sie ist abscheulich 1 calligraphirt, 10vielleicht doch wohl so gut, daß Blumenhagen ect. ect. Neues daraus lernen. Wollen Sie die Novelle nicht nehmen, so bitt' ich, sie einstweilen zu behalten, und, ohne das Manuscript zurückschicken, eine Antwort an „Hrn. Hartenfels“ in Düsseldorf zu schicken.
Ihr
gehorsamster, lei-
der jetzt auch bett-
lägeriger, und zu
kranker
Grabbe,
Düsseldorf den
welcher gern besser
11 Mai 1836.
und schöner seine Briefe schriebe und mehr
1 [Am Rande links, von Hartenfels' Hand:] dieses ist wohl nicht so sehr der Fall, da sie neu abgeschrieben.