Nr. 688, siehe GAA, Bd. VI, S. 324 | 26. Februar 1836 | | Christian Dietrich Grabbe (Düsseldorf) an Karl Leberecht Immermann (Düsseldorf) | Brief | | | | Vorangehend: | Nachfolgend: |
| G. P. M. Für Ihren freimüthig-edlen Brief vom 25 d., den ich aber erst eben zu Händen bekomme, dank' ich. Die gestrige Scene 20war unangenehm, und ich hütete mich soviel ich konnte, sie zu steigern, und entschloß mich, wie immer, erst eine Nacht zu verschlafen. Daß ich Ihnen Dank schuldig bin, weiß ich, aber auch gleichfalls, daß ich nie etwas Arges gegen Sie gewollt habe. Ueber das Repertoire haben Andere als ich geschrieen, 25ich habe nicht gewagt, über die verwickelten Vorfälle, welche das Repertoire bedingen und es Manchem vielleicht nicht genügend erscheinen ließen (vorzügl. wohl denen, die am wenigsten seine Schwierigkeiten kennen) zu urtheilen, noch über das Repertoire selbst. Vielmehr hab' ich in e[iner] meiner 30letzten Recensionen ohngefähr gesagt, daß die Directionen oft gezwungen wären, aus Mangel an Besserem etwas Gewöhnliches zu nehmen. — Ich habe nie in Gast- oder Kaffeehäusern über's Theater anders gesprochen als daß ich das Gespräch zurückwies, und habe nur Beeking, La Comblette u. 35Schreiners Schwager besucht, seit Wochen auch die nicht mehr. — Eine Recension des Richters von Zalamea hab' ich auch nicht geschrieben, oder mein Name ist gemißbraucht. — Wenn ich [GAA, Bd. VI, S. 325] die Stücke recensirte, dachte ich nicht daran, daß das Sie verletzen könnte, da ich hierbei Tiecks Grundsatz voraussetzte, daß die Aufführung mittelmäßiger Productionen gar nicht schadet, wenn nur die Darstellung, welche denn doch die 5Hauptsache für's Theater ist, gut geräth. — Nie habe ich in den berufenen Kritiken eine Sylbe geschrieben, die nicht aus meiner vielleicht oft unrichtigen Ueberzeugung geflossen wäre, nie eine, die gegen die Verwaltung gerichtet seyn sollte. Die Situation, in die ich mich gestern versetzt sah, entschuldigt, 10wenn ich sagte, daß mir der Theaterbesuch gleichgültig sey. Das ging aber nicht in specie auf das hiesige Theater, sondern auf alle, und die Sache ist wahr. Nur grade das Düsseld. Theater hat mir den Besuch wieder werther gemacht. — Gestern in der Hitze vergaß ich, daß ich der Redaction 15des Fremdbltts noch einige Recensionen schuldig bin. Ich verspreche Ihnen aber, dieselben so vorsichtig und so mit Berücksichtigung der Verhältnisse abzufassen, daß sie Ihnen Freude machen und den Zorn über die früheren in Vergessenheit bringen sollen. Ich will sie Ihnen auch gern vor dem Druck 20zur Lecture und Berichtigung mittheilen, wenn Sie das verlangen. Worunter mein Name nicht steht, dessen Verf. bin ich nicht und werde ihn in Zu- Düss. 26 Febr. 35 [richtig: 36]. kunft so wenig Gehorsamst kennen als bisher. 25 Nur zu Anfang der Grabbe. Fremdbltts Recc. unterschrieb ich mich ein paarmal mit Zah[len.] [Adresse:] Sr Wohlgeboren dem Herrn Oberlandesgerichtsrath Immermann allhier. |
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688.
H: Doppelbl. in 40; 3 Seiten beschrieben, auf S. 4 die Adresse.
Von beiden Blättern ist die rechte untere Ecke mit Textverlust
abgerissen.
F: HHI
D: Alfred Bergmann: Grabbe und Immermann. Neue Mitteilungen.
(In: Montagsblatt. Wissenschaftliche Beilage der Magdeburgischen Zeitung.
Jg. 74. Nr 31. 1. August 1932. S. 241—44.) S. 243.
S. 324, Z. 29: e[iner]] Die Handschrift ist an dieser Stelle mit
Textverlust beschädigt.
S. 325, Z. 7: unrichtigen] Davor ein Stück abgerissen, so daß es
nicht möglich ist, zu sagen, ob davor noch etwas gestanden hat und
was.
S. 325, Z. 27: Zah[len.]] Die Handschrift ist an dieser Stelle mit
Textverlust beschädigt.
S. 324, Z. 34: Beeking: Der Gasthof „Zu den drei Reichskronen“,
Haus No 5 an der südlichen Seite des Marktplatzes. Der Eigentümer
war Christian B. (H. Ferber, „Historische Wanderung durch die alte
Stadt Düsseldorf“, Lfg 2, Düsseldorf 1890, S. 7.)
S. 324, Z. 34: La Comblette: In dem ebenfalls an der Südseite
des Marktplatzes gelegenen Haus No 6, das schon im Jahre 1744
„altes Kaffeehaus“ war. Es wurde 1785 aus gräflichem Besitz von
dem Gastgeber Johann Franz La Comblet erworben, der darin
späterhin wieder ein Kaffeehaus mit Lesekabinett aller Zeitungen
und Zeitschriften errichtete. Aus der Lacomblet'schen Familie stammte
auch der von Grabbe erwähnte Geh. Archivrat und Bibliothekar Dr.
Theodor Joseph L. (Ferber, a.a.O. S. 7—8.)