Nr. 651, siehe GAA, Bd. VI, S. 281 | 06. September 1835 | | Christian Dietrich Grabbe (Düsseldorf) an Carl Georg Schreiner (Düsseldorf) | Brief | | | | Vorangehend: | Nachfolgend: |
| Ich kann Ihnen über die Journale, die ich bei meiner Kränklichkeit las, nur Allgemeines mittheilen. Das Morgenblatt ist diesesmal nur Schund. Lenau ist ein erbärmlicher Poet, hat's aber bei Cotta verlegt. 30 Die Miscellen sind erbärmlich wie der Lügner Roß mit seinem Pow-weet-yah. Y Ah! Esel. Daß dieses langweilige, weder wissenschaftliche, noch künstlerische Zeug von Miscellen, noch gelesen wird, thut die Macht der Gewohnheit. Minerva: Goethe wird mitgenommen. Aber nicht an der 35rechten Ecke gepackt. Dieser adlig gewordene Kaufmannsbengel hat so ziemlich die Sprache, nie das Leben gekannt. Er krämert aber gut aus, fremde Sachen mitunter. — Nu, der Referent nimmt diese berühmte goethische Erbärmlichkeit endlich auch mit. Die anderen Jungen treten in Dreck, und [GAA, Bd. VI, S. 282] der klebt fester als Sonnenlicht, drum ist ihnen Goethe alles, Schiller nichts. Goethes Faust ist nichts als ein frankfurter liederlicher Junge, der sich einbildet, was zu seyn, aber nichts ist, und 5nur durch den Blick auf den Taunus seiner Phantasie Farbe, durch hübsche Verse und Reime seinen Trivialitäten Pfeffer und Salz gibt. Hätten Sr Excellenz Viel gerußt, und nicht Vielerlei, so wär's besser um Sie. Die Ochsen — glauben noch immer, die Briefwechsel würden 10so herausgegeben, wie sie geschrieben sind. Lord Brougham ist ein eitler geschäftiger Narr. Stürz' du den Staatsbau um, ist er schlecht. Sonst schwatze nicht darüber. — p. 313—28 ein Wurstbrei, zum 1000mal aufgetischt, kommt aber ekelhafter als je aus dummfranzösischen 15Maul. Ist deshalb zu bewundern. Bl. für litt. Unterhaltung. Ekelhaft p. 887 stehe auch ich. „Grabbe und schmucke Reinheit! “ Ich bin reiner wie ihr, ihr Onanisten. Habe stets die Wahrheit gesagt, und nie gequengelt. 20 Lord Byrons Tochter, Ada, heirathet. Das ist mir ein Messer in der Seele. Die mußte unverheirathet bleiben. Nun seh' ich um sie die alten Mütter und Tanten. Wer Niebuhrs römische Geschichte lobt, die nur in der Unbegründerei besteht, kennt die Welt nicht. Niebuhr war 25ein Narr. Soll auch an den Julitagen gestorben seyn. Leicht angegriffen p. 910.: „Die That vom 15 März ist zu würdigen.“ Werden die Kerle toll? Wer braucht's zu sagen, daß [der] Tod des divus Julius zu würdigen sey? Sind die Journale für Schulj[ungen] geschrieben, oder — von Schuljungen? 30 Herrn Spindler wird endlich die kahle — aufgedeckt. Er taugte nie was, das Zierpüppchen. Der Phönix fängt bedeutungsvoll mit dem goldnen Kalb an. Ich fürchte, Stang schlachtet ihn zu Cottelettes eh er zum Ochsen wird. 35Alles dummes Journalzeug. Heute.Ihr Grabbe. [Düsseldorf, erste Septemberhälfte 1835.] [Adresse:] Dem Herrn Buchhändler Schreiner Wohlgeboren 40Mit 1 Mappe u. 5 Journalen darin, und dem zufällig verspäteten Desmarest. [GAA, Bd. VI, S. 283] |
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