Nr. 647, siehe GAA, Bd. VI, S. 275 | 26. August 1835 | | Christian Dietrich Grabbe (Düsseldorf) an Moritz Leopold Petri (Detmold) | Brief | | | | Vorangehend: | Nachfolgend: · |
| (Meine Adr. siehe unten. Meine frühere Wirthin ist ausgezogen. Die rechte Hausbesitzerin hat mich aber wohnen lassen.) 20 Lieber Petri! Dank. Die Rec. von Schierenberg ist mir lieb. Er tadelt zwar, und ich bin in mancher Ansicht von ihm verschieden, mir ist's aber schon lieb, daß er sie niedergeschrieben hat. Nur muß er mich ja nicht mit Heine u. den Franzosen vergleichen. 25Meine Weiber enden bis jetzt immer edel, unbefleckt, kleinere Rollen ausgenommen. Nächstens schlimmere. Grüß' ihn. Und corrigirt in der Abhandl. übers Düss. Theater p. 17 Zeile 11 von oben hinter „Dichter“ das „nicht“ hinweg; dito heißt es in Aschenbrödel nicht das „Band wo die“ sondern das „Land“ 30pp. Ich habe die Correctur nicht besorgt. — Wäre meine Frau nicht, der ich keinen Aerger machen will, so erhielte Süß nichts. Sind vier Thaler zurückbehalten, so werden's mir zukommende Abschreibe- Proceß- Depositions ect Kosten seyn. Ich behalte mir auch meine Foderungen wegen seiner Siebensachen 35an Klagereien am Militgr. bevor. Hast du indeß 8 rthlr. von mir, so schick 2 rthlr. an meine Mutter, 2 behalt im Hintergrund, und such ihn mit den übrigen 4 rthlrn. billigst zu befriedigen. Wo möglich ihm nicht Alles. Sagst Du's ihm mit Deinem gewohnten Ernst, fügt er sich. — Nimmt das [GAA, Bd. VI, S. 276] Zeugs kein Ende, so weiß ich nicht mehr, was ich von gewissen Leuten, oder wenigstens Einem, denken soll. Ich war mit Rotberg schneller fertig, ohne Hülfe, als dieses vielleicht gar gepriesene Geschäftsmännchen — — Meine Hermannsschlacht 5ist vollendet, und wird zum Druck copirt. — Für's Magazin schick' ich euch was. Es ist ein gutes Journal, bisweilen etwas hausbacken, aber das Salz der Erde, selbst die Künste nicht vergessen. Wir Lipper nehmen doch alles noch ehrlich und beleuchten die Sachen, suchen nicht nach 10bloßem Honorar für bloße Worte, thun Gutes ohnedem, v. z. B. die Kritik des Wendtsch. Alm. und Schierenb. Abhandl. über Schieder. — Mit meiner Frau ist's 'ne eigne Sache. Ich thäte alles, hätte sie Vertrauen und geziemenden Gehorsam. Mach's also mit dem Süß ab, ohne sie. — Mein Barbarossa 15in's Schwedische? Ist auch gut. Antworte ein bischen schneller wie vorher. Man sehnt sich doch oft nach Freundeshand, vor allen in der Dämmerung. Düss. 1835, an den Erinnrungstagen | | Dein | von Dresden und der Katzbach, 1813. [26. August.] | | Gr. | 20 (Meine Adresse: bei Madame Pithan auf der Ritterstraße.) Ex post. Da ist noch eine Sache die Erörterung verdient. Das vermeintl. plötzliche Entstehen der Liebe in Aschenbrödel. Schierenb. hat den Punct getroffen, aber bis jetzt hat noch kein Dramatiker ihn überwunden. Die dramatische Form, sey 25sie noch so keck, beschränkt zu sehr. Geht's dem Romeo mit der Julie nicht eben so? Und bringen alle Dramatiker nicht gleich die Verliebtheit selbst, durchaus aber nicht ihr Entstehen, auf die Bühne? Sie thun als verstände sich das so eo ipso. Meine Lage ist nicht darnach, zwei Jahre zu opfern, um 30das, vielleicht vergebliche, Wagstück zu machen, zuerst von allen Dichtern das zarteste Gespinnst der schönsten und furchtbarsten aller Spinnen, der Liebe, Faden aus Faden theatralisch zu entwicklen — Sonst könnt' ich's und habe oft daran gedacht. — Schierenb. muß mir aber auch etwas zugeben. Es 35kommt mit der aschenbrödelschen Liebesscene nicht so plötzlich. Die Baronin warnt anfangs vor Olympias Interessantheit, Olympia fühlt Sehnen, der König auch und hört ihren Namen vorher, Olympia tritt vor, kühn aus Wahrheitsliebe, was dem darnach durstigen Könige gefällt, Feenschimmer 40hilft ect. Das macht die Scene qu. möglich. — Mein Eulenspiegel wird ein tolles lustiges Thier. Dann im edelsten Versmaaß: [GAA, Bd. VI, S. 277] Alexander der Große, dann, leb' ich so lange, in sicher erhabener Art: Christus. De[nkt] meiner und bezeugt's durch Briefe. [Adresse:] Sr Wohlgeboren dem Herrn Canzleirath Petri, in 5Detmold. Durch Einlage. |
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