Nr. 580, siehe GAA, Bd. VI, S. 218 | 08. May 1835 | ![nothumbnail](/icondir/noimageavl.gif) | Christian Dietrich Grabbe (Düsseldorf) an Karl Leberecht Immermann (Düsseldorf) | Brief | | | | Vorangehend: ![](/icondir/lettericon.png) | Nachfolgend: ![](/icondir/lettericon.png) |
| G. Pm. Gestern 10 Uhr Morgens schickt' ich die Recension des Blaubart zu Schreiner. Ich rechnete, daß Lisette inclusive der Liebes- und Gassengespräche 12 Uhr da ankommen würde. 25Es ist aber doch später geworden, und Runkel kam Nachmittags zu mir, war sichtbar freudig, erklärte jedoch er könne erst im nächsten Sonntagstück das Dings abdrucken lassen, indem sein Hermann keine Zeit mehr dazu habe, weil er um 4 Uhr in die Censur müsse. Zu Schreiner schickt' ich's, weil 30Runkel dort am sichersten zu treffen, er auch wohl rechter Verleger des Herm. ist. Hierbei der alte Fritz. Da ist eine Größe, die auch des Preuß mittelmäßige Darstellung nicht verdunkeln kann. Auch verdient er immer Dank für das reich, aber immer noch zu 35auswählerisch gesammelte Material. Man kann das Uebrige logisch schließen, ich glaube indeß, nur wenige thun's. Tief in Africa, mitten auf dem Niger, sind jetzt die englischen Dampfboote! Welch ein unermeßliches Ereigniß! Mich freut, daß ich gleich dachte, so kommt's. Fast traut' ich der [GAA, Bd. VI, S. 219] mir gestern vor Augen gekommenen Nachricht nicht, aber England und Shakspeare sind kühn und practisch. Mein Hannibal wird jetzt lustig fortgedruckt. Pto der Theaterabhandlung, die Schreiner zugleich mit Hannibal und 5Aschenbrödel verschicken will nach 14 Tagen (er hat, wie er sagt, auf Hannibal schon gute Bestellungen) bitt' ich noch für heute Frist. Ich thue nichts anderes als an ihr arbeiten und diesen Brief schreiben, Essen und Trinken einschließlich. Ich habe wegen der Rec. des Blaubart und wiederholten Durchlesung 10des Alexis, scheinbar Zeit verloren, in der That gewonnen. An meinem Hause ist ein Weg zum Einfahren. Der gehört mir und meiner Frau. Gegenüber, an ihm, zog eine Frau von Arnim ein. Sie wünschte an ihm ein Fenster in ihrem 15Hause anlegen zu dürfen, indem das nicht seyn durfte, weil ich dominus der auf ihrem Hause lastenden Servitus luminum ect war. Meine Frau wollt's auch nicht. Ich erlaubte es doch, und es ist mir lieb, denn diese von Arnim ist nicht die Bettine Arnim, sondern tausendmal schätzbarer. 20 Ich habe bei dem Briefwechsel der Bettine an Menschenkenntniß gewonnen, Sie oder ich könnten so ein Geschöpf einmal für's Drama gebrauchen. Aber meine Verachtung gegen es selbst kann ich nicht verschweigen. Goethe hat kurz geantwortet, das ist das Beste im Buch, sonst alles Lüge, Erbärmlichkeit. 25Die paar Naturschilderungen kann man sich machen, wenn man aus dem Fenster sieht, auch ist das ein Arnimsches Talent, wie Achim v. A. besser als Bettine bewiesen. Die ekelhafte Kinderliebe und Afferei. Meine feste Ueberzeugung, daß wegen Honorars und Rennomée's Briefe unterschlagen und verstellt, 30ja jetzt gemacht sind. Umsonst nicht hat sie dem ehrlichen Müller kein Original zeigen wollen. Und ich glaube fast, der Reisebeschreiber, welcher das Wesergebirg übersah, und bisweilen gute, dann trübe Stutzeraugen hat, Pückler-Muskau, hat geholfen. Das Buch ist ihm ja gewidmet und riecht nach 35seiner Manier. Er liebt Honorare, vielleicht auch getheilte? Eine Cabinetsordre Fr. II (man wird gerührt, wenn man von diesen zu dem aufblickt) und der von der Huber herausgegebene Briefwechsel G. Forsters insd mehr werth als alles gedruckte Briefwechseleizeug zwischen Goethe und Schiller, 40v. d. Velde u. Hell, Sevigné, Rabutin, Bettine. Am Ende gibt man noch in Holzschnitten alte Recepte ect heraus. [GAA, Bd. VI, S. 220] Was will heut die Stella von 28 im Hermann? Ich denke, weißt nicht. [Düsseldorf.] 8. Mai 35.Gehorsamst Grabbe. |
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