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Nr. 577, siehe GAA, Bd. VI, S. 214thumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Düsseldorf) an Moritz Leopold Petri (Detmold)
Brief


  Handschrift Lieber Petri. Ich danke Dir für die Uebersendung. Hört
meine Frau davon, schimpft' sie. Genire Dich deshalb nicht.
Ich weiß, was sie hat, was sie bedarf, was sie bekommt. Ich

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nehme morgen acht Louisdor's für eine Theaterabhandlung
ein. Die ist beizu gemacht, zählt nur 36 Druckseiten. Wollte
meine Frau mich ruhig behandeln, meinen Launen nicht überall
entgegen treten, sondern die schlimmen leise zum Guten
5lenken, meine Bekannten (Du bist Freund) nicht hassen,
was könnten wir pecuniär glücklich seyn! Mehrere Kritiken,
die Aschenbrödel, den Hannibal, eine Abhandlung über's Theater,
hab' ich jetzt in so wenigen Monaten vollendet, weil ich
gut behandelt und durch andere Geschäfte Handschrift nicht behindert
10ward. Lies doch den Brief, welchen ich an Ziegler geschrieben.
Ich will, falls das Buch von Preuß noch nicht in Detmold
ist, sehen, daß ich's der dasigen Bibliothek und Ressourçe
schaffe, sofern der Buchhändler es mir irgend billig in's Honorar
schließt. Aschenbrödel ist ganz fertig, den auch fertigen
15Hannibal seh' ich Tag für Tag setzen, doch immer auch nach
3 Tagen am Papiermangel 1½ Tag leiden, indem die Fabriken
enorm faul scheinen. Binnen Kurzem habt ihr aber alles:
Cendrillon, Hannibal und die Abhandlung. — Dann den
Hermann, zu dem mir meine Frau auf meine Bitte einige
20Bücher gesandt, die sie binnen Kurzem auch wieder hat,
nebst einer Portion des Honorars — Mein Fuß hat mich
verhindert. — Daß Du von meinem Capital an Sprute 58
rthlr. 18 gr. mir übersendet hast, bezeug' ich. Auch weiß es
die Post. — Sprute muß die Zinsen bezahlen, und an meine
25Frau. Ich habe Handschrift ihm früher nichts darüber gesagt, weil ich
glaubte, er macht' es so. Zögert er, muß man ihn am Amt
verklagen. Die Zinsen soll meine Frau haben. — Meiner
Mutter gib von den 8 rthlrn. allmählig, ganz wie Du vorschlägst.
— Dank für Alles. — Du kennst mich und meine
30Fähigkeiten in quali et quanto, aber Gang und Wirkung
Eures Magazins kenn' ich weit weniger als Du. Schlag mir
vor, was soll ich hineinliefern? Ueber's Plattdeutsche? Dessen
Werth? Oder was Geschichtliches? Oder was ist sonst angemessen?
Recensionen? — Mein Schiff mag, wie Du sagst,
35etwas hoch gehn. Indeß ist der Zuchtmeisterjunge durch zu
viele Verhältnisse getrieben, als daß er nicht wissen sollte, wie
leicht aus dem Hochgehenden etwas schief oder zu Grunde
gehendes werden kann. Drum kannst Du sicher seyn, daß
ich Lippe und die Gartenscholle, wo mein Vater grub, nicht
40Handschrift vergesse, wohl höher schätze als manches Andere. Gefühl für
Vaterland ist bei Wenigen so stark, wie bei mir. Meine Dichtungen

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beweisen es von Schweden an bis zu den Saracenen. —
Heut Abend führt Immermann ein ungeheures Wagstück aus,
und ich glaube es gelingt ihm: er läßt Tiecks Blaubart geben,
an dessen Bühnenbestimmung Tieck gar nicht gedacht hat. —
5Grüße Schierenberg. — Durch den Klang Berg fällt mir der
hiesige Benzenberg ein, der aber kaum werth seyn mag, Schierenberg
die Füße zu küssen. Er hat drucken lassen: einen
10pfündigen Mondstein binnen 10 Secunden, Nachts, berechnet
und beobachtet zu haben, dito, daß 3 Personen hier mit 1
10Slbgr. 6 pf zu Mittag satt essen können (ich könnt's vielleicht)
und daß Erbsen dieses Jahr theurer sind als Brüsseler Spruten.
Das Journal in dem die Sachen, oft auch etwas von mir
stehen, heißt Hermann. Ich wollte, Ihr hieltet's. Dann thät ich
auch mehr dafür, weil's mir gelegen ist.
             Ex post. Abend
                    10 Uhr:            Dein
Düsseldorf, 3. Mai 35.     Der Blaubart gefiel        Grabbe.
             ungemein.

 

 
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