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Nr. 47, siehe GAA, Bd. V, S. 43thumbnail
Adolph Henrich Grabbe (Detmold) an Christian Dietrich Grabbe (Berlin)
Brief

        Handschrift Lieber Christian!

35  Deinen Brief vom 2ten :/ dem 5ten aber zur Post :/ haben
wir den 8ten des Sonntags Nachmittags, zu unserer Freude,
daß Du gesund bist, erhalten. Wir sind es, so weit es unser
Umstände und Alter erlaubt auch noch. Es war hohe Zeit,

[GAA, Bd. V, S. 44]

 


daß ein Brief kam, das Lamatiren mit der Mutter gieng
schon los, 2mal hatte sie den Briefträger schon vergeblich
wegen einen Brief von Dir entgegen gesehen. Neues gibt es
hier eben nicht. Die Hofhaltung ist wieder hier und am 1ten
5Sept. wa[rd] der Geburthstag unsers Erbprinzen gefeiert. Der
[Herr] Professor Möbius heirathet den Hofprediger Droste
seine älteste Tochter. Der junge Kanne der beim Obr.L.
Böger im Hause war ist an seinen Beinschaden gestorben.
Es waren viele mit zur Leiche, alle Lehrer des Gyminasiums,
10Balhorn Rose p Der Prediger Althaus that eine ganz passende
Rede beim Grabe. Die Frau des Regierungsrath Petri hat
einen kleinen Sohn ist aber schon todt. Die Frau des Hofprediger
Droste hat ein kleines Mädchen. Beim Siekkruge
ist wieder ein Mann der nach dem Meinberger Markt wollte
15und Geld bei sich hatte todt geschlagen worden. Daß Du
viele Bekannte in Berlin erhältst freuet uns, denn ohne Bekanntschaft
kann man in der Welt nicht gut fertig werden.
Sei überhaupt mit Deinen Sachen nicht so eilig und versäume
vor allen die Collegia nicht darüber, den Du trittst
20jetzt Dein letztes halbes Studienjahr an, nach dem Du Deinen
Excamen doch aushalten mußt, das ander wird sich alles
schon von selbst geben, wenn die Zeit da ist, Sei nur froh
und vergnügt und die Mutter läßt bitten, daß wenn Handschrift große
Revüe wäre, möchtest Du Dich ja in acht nehmen, daß Du
25in kein Gedränge kämest. Mit dem Zuchthause ist es noch
nicht vorbei. Der Regierungsrath Petri hat es schon in Augenschein
genommen, und in dieser Woche kömt ein zweiter:
nämlich der p Petri von Regierungswegen, das Criminal:Gericht,
der Hofrath Gellhaus, der Landbaumeister v. Natrop
30p Was dem Rath dieses ist, kannst Du Dich leicht vorstellen.
Mir ist alles recht, sie mögen machen was sie wollen, und
wenn auch Verlegung sollte stattfinden. Kaffe trinkt die
Mutter noch, und besonders wenn Du fleißig schreibst.

  Anbei erfolgen 10 Pistolen, und ohne diese haben wir noch
35150 rthlr. bis Ostern für Dich bestimmt, Du mußt sparsam
damit zu werke gehen, denn denke ich wirst Du Dein Auskommen
damit haben. Das Gold ist hier theuer die Pistole
kostet 27 bis 30 mgr. agio. Du mußt künftig einen großen
Brief schreiben, damit ich Deiner Mutter viel vorlesen kann.
40Willst Du Dich künftigen Ostern auch hier excaminiren lassen,
oder willst Du es in Berlin thun, sollst Du das letzte wählen,

[GAA, Bd. V, S. 45]

 


auch den wollen wir sehen, daß Du die Kosten dazu erhältst.
Es geht nicht dafür wer was gelernt hat, für einen großen
Staat, wo Künste und Wissenschaften geehret werden. Du
versäumest mit Deinem Lustspiel Deine andern Sachen doch
5nicht, wir fordern von Dir ja noch nichts. Die Mutter bittet
noch mal Du möchtest Dich vor allen in acht nehmen u.
Deine Gesundheit schonen und immer vergnügt sein, alles
wird kommen. Begemann kömt vielleicht nach Berlin er hat
noch keine bestimmte Nachricht von seinem Vater ob er es
10thun darf. Nach Halle geht er sonst auf jeden Fall.

  Handschrift Der Seminarist Meier kömt nach Bremen für Schullehrer
diesen Michael, er freuet sich darüber nicht wenig. Die Mutter
freuet sich auf künftigen Ostern schon, daß wenn Du kömst,
sie Dir guten Kaffe kochen kann. Die Mutter läßt Dir
15tausend mal grüßen und umarmt Dich in Gedanken. Leb
wol lieber Christian und denke oft an Dein[e] Dich liebenden
Eltern, die so lange Du gele[bt] hast für Dein Wohlgehen
Sorge getragen haben

  Schreib bald wieder und leb wohl und sorge für Deine
20Gesundheit.

Detmold den 10ten September 1822.

                                

Die Mutter läßt fragen ob Du

auch Deine Decken brauchst, den da

25wäre Wolle darinn und möchtest sie ja

über decken.

[Adresse:] Handschrift An den Hrn. Stud. jur. Chr. Grabbe Wohnhaft
bei dem Herrn Riemermeister Kramer auf der alten Friedrichsstraße
nro: 83 in Berlin. Hierinn 10 Pistolen. Frey

 

 
Absender:Empfänger:
Ort:Ort:
Datum von:bis:
 
Brieftext:Kommentar:
 
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