Louise Christiane Grabbe (Detmold) an Christian Dietrich Grabbe (Detmold)
Brief
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Goldene Regeln für 20 Männer und Weiber. ins besondere aber für meinen gestrengen Herrn Gemahl von seiner demüthigen Lucie. Goldene Regeln für 25 mein Männchen. Ein gutes Weib, dies merke fein, Will mit Vernunft behandelt seyn, Ihr biegsam Herz mißbrauche nicht, Weil schwaches Werkzeug leicht zerbricht. 30Sanft sey dein Will' und dein Gebot, Der Mann ist Herr, doch nicht Despot. Macht irgend was den Kopf dir kraus, So üb' es nicht am Weibchen aus. Verlang nicht alles zu genau, 35Du fehlst, warum nicht auch die Frau?
[GAA, Bd. VI, S. 13]
Treib nicht mit andern Minnespiel, Dein Weib zu lieben ist dein Ziel. Wenn Weibchen dich um Geld anspricht, Und sie bedarfs, so knurre nicht. 5Im Aufwand schränke zwar dich ein, Doch mußt du auch kein Knauser seyn. Lauf' zum Trunk und Spiel nicht aus, Hast Zeitvertreib genug zu Haus. Für Weib und Kind leg' was zurück, 10Sorg' auch im Tode für ihr Glück. Jetzt, lieber Mann, jetzt spricht Ade Dir die getreue Lucie. Christian, lieber Mann, 15Brummel Bär, Komm' zu mir her! Christian! Denke dran; Wie ich schmollte, 20Dich nicht wollte: Jetzt, ach, Christian! Bist Du doch mein Mann. Und ach, ach, Herr Christian! Nur zu oft ein Wehemann! 25Christian! bist ein Mann von zwei Naturen. Siehe die Fluren jetzt grün geschmückt! 30Wie wär' ich beglückt, Wärst stets Du der Eine, Der, welchen ich meine, Der, den ich allein kannte, Als er sprach Amen 35In Gottes Namen Der Priester, u. Dich nannte Meinen Herrn u. Mann, Christian, lieber Christian! Sieh mich an! 40Seh' ich die Cartoffeln an, Denk' ich an den Christian.
Fürstlich Lippische Regierung — Christian Gottlieb ClostermeierNr. 154, 23. Januar 1828 — Louise Christiane Clostermeier — Johann Karl August KestnerNr. 178, 28. März 1828 — Louise Clostermeier