Christian Dietrich Grabbe (Leipzig) an Adolph Henrich Grabbe, Dorothea Grabbe (Detmold)
Brief
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20Leipz. den 21 Spt. [1821.] Theurer Vater und liebe Mutter! Den Brief mit den 10 Louisd'oren habe ich richtig erhalten. Möchtet Ihr doch so gesund und froh seyn, wie ich es bin. — Hier ist mancherlei Spektakel gewesen; die Studenten haben 25einem Kaffeewirthe das Haus zertrümmert; Polizei- und Stadtsoldaten sollen manchen schweren Kampf gehabt haben; es werden die abgezognen Schützen wohl wieder zurückommen müssen. — Nächsten Montag beginnt die Messe; ich weiß noch nicht ob ich verreise. Ist die Fürstin entbunden? Ich trinke 30ungeheuer viel Caffee; es ist sehr kaltes Wetter. Bei dem Professor Krug habe ich Naturrecht gehört; er trägt sehr deutlich vor; er ist zwei Jahre lang Husarenrittmeister gewesen. Hat der Hofprediger nun seine Frau? Werfel könnte mir auch wohl einmal schreiben. Ob Schmid an seinem Finger ächte 35Diamanten hat oder böhmische Steine? Wie geht es dem Werkmeister Kruel? Ich habe neulich wieder Zahnweh gehabt; der Schwindel ist vorbei. In diesem Augenblicke ist vor meinem Fenster das größte Spektakel, weil man Meßbuden aufschlägt. Der Flausch thut mir sehr gute Dienste. Als ich den
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letzten Brief frankiren wollte, foderten sie 5 gr. sächs.; Ihr müßt zu Hause auch noch einen Groschen nachbezahlen; ich frankirte ihn daher nicht, weil es theurer käme als sonst; ebendeswegen habe ich auch diesen nicht frei gemacht; Geldnoth 5ist der Grund also nicht; zieht mir nur dreist das Porto von meinem Gelde im Ganzen ab. Man hört hier viel von Mordthaten. Der Bankrottierer Kopf ist zum Pranger verurtheilt, hat aber appellirt. Drei Häuser haben wiederum aufgehört zu zahlen. Die ehmalige Begeisterung für die Griechen legt sich. 10Die Nachtmüzen thun mir gute Dienste. Die Pflaumen sind hier sehr wohlfeil, Pfirsiche aber enorm theuer, weil sie von Dresden und Böhmen hergebracht werden müssen. Mit meinen Wirthsleuten bin ich sehr zufrieden. Neulich kam hier der Hr. von Rentsch wieder durch, mit dem ich von Paderborn 15fuhr. Man sagt, daß der König von England Leipzig berühren werde. Meine Stiefeln reißen ungeheuer, aber meine Hosen halten sich wie Eisen. Der Deklamator Solbrig wohnt in dem Hause neben mir; ich habe mehrmals mit ihm gesprochen ohne ihn zu kennen. Morgen schließen alle Professoren. Verzeihet, 20daß ein Tintenklex in den Brief gekommen ist; wenn die Post nicht gleich abführe, so würde ich ihn wieder abschreiben. Daß ich bei dem Tumulte der Studenten nicht gewesen bin, könnet Ihr schon denken; ich finde an allen solchen Auftritten kein groß Vergnügen. Bald werd' ich wieder schreiben.