Nr. 34, siehe GAA, Bd. V, S. 27 | 21. Juli 1820 | | Adolph Henrich Grabbe (Detmold) an Christian Dietrich Grabbe (Detmold) | Brief | | | | Vorangehend: | Nachfolgend: |
| 6te Brief Lieber Christian! Deinen Brief vom 12ten als den 7ten haben wir den 18ten Juli des Nachmittags um 5 Uhr richtig erhalten. Daß Du 20gesund bist freuet uns und wir können ein gleichs von uns rühmen. In meinem vorigen Brief schrieb ich Dir daß Fürstinn Paulina den Tag meines Schreibens die Regierung niederlegte, welches auch feierlich geschehen ist. Die Rede die die Fürstinn 25gehalten an Ihren Sohn den angehenden Fürsten liegt gedruckt an und schreib mir Deine Meinung künftig wie sie Dir gefällt. Ein jeder der diese Rede gehört hat, wundert sich über das schöne Declamiren, selbst der Archivrath Clostermeier, ein Kritiker, rühmt das Declamiren, und will behaupten, es wäre 30kein Pastor im Lande, der so richtig declamirte, ausgenommen der ehemalige Superintendent Ewald hätte es auch gekonnt. Es ist gut das Du geschrieben, Deiner Mutter war die Zeit schon lange u. Du schreibst ihr nicht zu viel. Der Kaffe kostet hier 12 r u. 20 gr. Anbei erfolgen 50 rthlr. in Golde. 35Du schreibst man sollte Dir vorschreiben, wie lange Du jedesmal mit dem Gelde aus solltest. Dieses können wir nicht, u. es können Umstände eintreten, die man nicht voraussehen kann. Im Ueberfluß wirst Du nicht leben können, aber nätürlich sollst Du haben, da soll Deine Mutter wol für sorgen, [GAA, Bd. V, S. 28] die ja so lange für Dich gesorget hat welches Deine Sachen beweisen. Wie gehet es kaufst Du Dir auch Butter? Du mußt Butter u. Brod im Hause haben, u. besonders des Abends, wo Du ein Glas Bier zu trinken kannst. Der Fürst hat am 9ten 5zum 1ten mal einen jungen von 17 Jahren aus Schötmar, der 100 rthlr. Geld gestohlen hat, zum Zuchthause, condemnirt. Den 10ten Juli war hier ein großer Fackelnzug die dem jungen Fürstenpaar zur Ehre gebracht wurden. Es waren über 200 Fackeln, diese habe ich u. Deine Mutter zum erstenmal 10in unsern Leben gesehen. Glaub nur Deine Mutter blieb jetzt nicht zu Hause, weil den einen Fackelnzug beigewohnt hast, Der Verwalter Stein ist auf hiesiger Meierei. von Oesterholz also weg. Meister hat schon um Butter u. Halstücher, die man ihm schicken sollte, geschrieben. 15 Den 18ten hatten wir einen schauderhaften Auftritt, nämlich der Schneider Piper hat einen 3jährigen Knaben, vor der Thüre sitzen, u. oben vom Boden fällt eine Heugabel dem Kinde ganz durch den Kopf, so daß der Zacken aus dem einen Auge heraus steht, bis jetzt lebt das Kind noch. 20 Deine Uhr ist Dir unterweges doch nicht kaput gegangen? Du möchtest doch Deine Laterne im Stande halten und müßtest Baumoel darauf kaufen, die Abend werden kürzer möchtest doch vor allen vorsichtig sein, u. nehmen jedesmal die Laterne mit, wo Du nicht genau bescheid wüßtest. 25 Was hast Du des Mittags zu Essen, Deine Mutter ist bange, nun daß sie nicht mehr hinter Dir hergehen könnte, wäre es nicht recht. Sie glaubt, Du könnstest Dir ja Fleisch u. p was Du am liebsten essest geben lassen. Du hast ja einmal um Betten geschrieben ist das Dein Ernst, 30Du hast noch gar nicht darauf geantwortet. Am Michaeli sollst Du Schinken haben, durch Fuhrleute von Lemgo aus. Bekömmst Du einen andern Wirth auf Michaeli? An Kleidungen fehlt es Dir doch nicht? Deine Mutter läßt fragen ob die Hemden auch gut wären, oder ob Du noch was 35herunter schneiden wolltest? Du hast Deinen silbernen Löffel aus dem Ranzen unterweges doch nicht verlohren? Ein Brief kostet hier 9 mgr. 3 pf. aber Deine Mutter leidet nicht, daß er unfrankirt abgeht. Die neue Fürstinn hat in der reformirten Kirche communicirt. Der Hofprediger wird sich ärgern. Der 40Superintendent hat die Antrittspredigt des Fürsten gehalten, die war schön u. wäre werth daß sie gedruckt würde. [GAA, Bd. V, S. 29] Ich kann so viel nicht schreiben, wie mir Deine Mutter vorplaudert. Wenn gehest Du des Abends zu Bette und stehest des Morgens wieder auf? Hast Du auch gute Betten? u. auch alles reinlich. Vergiß Gott nicht und laß Dich nicht auf böse 5Wege bringen. Die Bruchstraße wird verschönert. Peters haben ihr Haus umgeworfen u. bauen ein Neues. Der Judenkirchhof muß 8 Fuß missen u. wird zur Chause genommen, daß der Weg breiter wird. Die Juden sind böse. Der Secr Knoch gibt freiwillig von seinem Garten auch dazu her daß der Weg 10breiter wird. Du schreibst gar nicht von Helwing, der ist jetzt im Buchladen, wird also wol nicht wieder nach Leipzig kommen. Sind auch Lipper da? Ich habe gehört es sollte ein Eberhard da sein. Liegt vieles Militair in Leipzig? Du schriebst in Deinem vorigen Briefe es waren Studenten arretirt, die 15sind doch wieder los. Detmold d. 21ten Juli 20 Gr |
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