Nr. 175, siehe GAA, Bd. V, S. 232 | 26. März 1828 | | Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Louise Clostermeier (Detmold) | Brief | | | | Vorangehend: | Nachfolgend: · |
| 20 Hochgeehrteste Frau Archivräthin! Sie selbst wünschten vor Ostern die Auction bewerkstelligt; anders wie auf Morgen und Uebermorgen war sie nicht anzuberaumen, wie schon der Kalender zeigt. Erben haben sich nicht gemeldet, nur Schuldner, und das Gericht muß 25doch selbst Etwas zu sorgen wissen. Die Biographie des Generals von Ochs ist sub nro. 92. des Kataloges enthalten, den ich deshalb zur Ansicht zurücksende. Die Bücher von Driesen habe ich längst zurückerhalten. Bei Erp-Brokhausen will ich anfragen. Die Bücherauction 30kann nicht ohne Beschwer verschoben werden, weil die Kataloge schon vertheilt sind. Der Herr Auditeur wollte in letzter Zeit durch mich selbst seine Bücher verkaufen und legte nur mit Recht auf die trefflichen juristischen Bücher des Kataloges Werth, — das Wenige, was er verliehen 35zu haben schien, waren Romane und lückenvolle Zeitschriften (z. B. an den Hrn. Lieutenant Driesen) und möchte die ganze Masse der Insertionsgebühr nicht werth seyn, besonders [GAA, Bd. V, S. 233] da die Leute auf solche Aufrufe sich wenig melden. Auf Befehl will ich jedoch die Insertion besorgen und können die etwa einkommenden Bücher nachträglich öffentlich oder unter der Hand verkauft werden, wozu ich mich gratis in 5jeder Hinsicht erbiete. Ich versichere, daß bey einer so kleinen Sache (denn der Nachlaß ist wirklich unbedeutend) ich selten so viel Schwierigkeiten gefunden habe. Keinem Ihres Hauses, was Sie mir übel zu deuten scheinen, habe ich je die Schlüssel verweigert; Sie 10hatten erklärt, nicht Erben seyn zu wollen, und deshalb nahm ich die Schlüssel in meine Verwahrung (nicht in die eines Unterofficiers, obwohl diese Unterofficiere als Beauftragte des Militairgerichts sie verwahren konnten.) Oder heißt das Aufbewahrung, wenn ich einen Schlüssel mir durch 15eine Magd pp nach ein paar Augenblicken wieder übergeben lasse? Begräbnißkosten stehen landesgesetzlich hinter den Gerichtskosten; dennoch hat das Militairgericht aus Hochachtung gegen Ihre hiesige Familie, die nie an die Erbschaft Anspruch machen 20wollte, alles derselben in dieser Hinsicht überlassen, — auch das sollte, wie ich fürchte, verkannt seyn? Ganz gewiß passirt für den Nachlaß des Hrn. Auditeurs (der auch bei seinen Lebzeiten in mich zweifelsohne Vertrauen setzte) weder etwas Unanständiges noch pecuni- 25är Nachtheiliges, wenn derselbe Morgen unter Aufsicht des Militairgerichtes verkauft wird; ich bitte gehorsamst, meiner Versicherung dieses zu glauben; der verstorbene Hr. Auditeur würde es auch thun. Es ist mir wirklich auffallend, wie ich Ihnen und Ihren 30Beauftragten Verstattung des Eintritts in das Zimmer des Verstorbenen geweigert haben soll! Meine Pflicht (und die verargen Sie mir sicher nicht) war es den Schlüssel selbst aufzubewahren; er stand Ihnen aber stets, auf Ein Wort der Magd, zu Diensten, und thut es noch jetzt jeden Augenblick, 35obgleich ich die Reinigung der Stube auch ohnedem besorge. Jede Abänderung hätte ich erwartet, aber nicht die der Auctionsansetzung, und zwar in einer mir schmerzlichen Weise; denn ich fühle gegen Sie, den Herrn Archivrath und Ihr Fräulein Tochter wahre Hochachtung, und mich daran verkannt 40zu sehen, erfüllt mich um so mehr mit einem Schmerz, den dieses Schreiben vielleicht unwillkührlich ausdrückt. In Geschäftssachen, [GAA, Bd. V, S. 234] als welche ich auch diese Erbangelegenheit betrachten muß, mag ich leere Formen versäumt haben (denn ich habe der ähnlichen Sachen nur zu viele), schwerlich aber irgend einen juristischen oder moralischen 5Punct. Ich bitte innig, daß Sie, Hochgeehrteste Frau Archivräthin, mir (auch um des Werthes des Nachlasses willen) einiges Zutrauen schenken und die Auction vor sich gehen lassen, — jede Kleinigkeit, die Bedenken erregt, läßt sich leicht zurücksetzen 10oder nachholen; — sollte aber mein klares, unumwundenes Wort nicht Ihnen gefallen, so bitte ich: | | geneigtest noch heute Abend zu | | | erklären: ob die p Renner wirkliche | | | Erbin seyn will, und diesenfalls, da | (NB. Um diese Erklärung | | ich das Vermögen der Ren- | bitte ich | | ner nicht weiß, der Herr Archivrath | rechtlich dringendst | | und Sie dafür selbst haften | und gehorsamst. | | wollen, daß dieselbe gegen Empfang | Sie | | oder Uebernahme des Nachlasses auch | entscheidet alles!) | | dessen Schulden incl. der Gerichtskosten, | | | sofern sie gesetzlich specificirlich | | | sind, bezahlen kann und wird, — | | | welchemnach, binnen 2-4 Tagen | Ihnen der ganze Nachlaß mit den Verzeichnissen 25überliefert und die Auction sistirt werden kann. Eine persönliche Zusammenkunft ist mir freilich von dem Herrn Archivrath (den ich so sehr immer verehre) verweigert, — dennoch bitte ich wiederholt auf heute Abend, wenn nur 30auf ¼ Stunde um dieselbe mit dem Herrn Archivrath oder mit Ihnen; vielleicht wird sich Manches darin aufklären. Jedenfalls hoffe ich, daß Sie diesen Brief, dem die Furcht Ihre Achtung zu verlieren, zu Grunde liegt, wo nicht mündlich, doch mit wenigen schriftlichen Worten beantworten, und, da 35Sie von meinem festen überdachten Verfahren überzeugt seyn können, wohl auch nunmehr demselben in irgend einer Art beistimmen. | | Ich bin mit größter Hochachtung | Detmold | | Ihro Wohlgeboren | d. 26sten März | | ganz gehorsamster | 1828. | | Grabbe. | [GAA, Bd. V, S. 235] |
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