Nr. 164, siehe GAA, Bd. V, S. 221 | 05. Februar 1828 | ![thumbnail](/Grabbe/Faksimiles/Briefe/small/G05B0164_01small.jpg) | Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Georg Ferdinand Kettembeil (Frankfurt a. M.) | Brief | | | | Vorangehend: ![](/icondir/lettericon.png) | Nachfolgend: ![](/icondir/lettericon.png) |
| 25 Freund, für Deine beiden Briefe dank' ich, auch für Übersendung der Notiz aus der Frankfurter Zeitung. Der Hr. Redacteur hält mich wohl nicht ganz mehr für so unsinnig als es die Iris theilweise zu thun schien. Die fernere Recension theilst Du 30mir wohl mit, dagegen denk' ich Dir nächstens die seit 1 Woche beendigte Pustkuchsche zu schicken; ich habe schon um ein Exemplar nach Herford geschrieben, denn sie Dir abschriftlich, wie ich sie besitze, mitzutheilen, ist sie zu lang. Die Notiz im Westphälischen Anzeiger kenne ich, ist aber nicht 35von mir veranlaßt; ein toller Druckfehler: Prädicant, statt Practicant ist darin enthalten. Kunz muß; sey aber nicht zu grob gegen ihn, halt' ihn ernst an sein Wort, und bemerke ihm, unbedingtes Lob verlangten wir gar nicht. Beim Conversationsblatt mußt Du auch irgend anzu- [GAA, Bd. V, S. 222] treiben suchen. — Der Einsatz an Journale kann nicht groß genug seyn: mein guter Rosen, der in Berlin wirken sollte, und am Ende im Gesellschafter mittelbar wirken half, geht auf Reisen in den Orient (des Arabischen halber), also 5schick' nach Berlin noch an die dortigen Jahrbücher der wissenschaftlichen Kritik, an das Berliner Conversationsblatt p. Ich habe Grund, Gutes davon zu hoffen. Berlin ist mürbe, und alle Journale, in denen wir bis jetzt recensirt sind, werden dort gelesen. — Das Weimarer 10Journal des Luxus und der Moden recensirt schnell, — überhaupt, ich möchte fast rathen, an jedes Journal, welches Dir einfällt, ein Thier zu senden, quia wir nicht auf die Bretter getreten sind. — Die Detmolder Schauspielgesellschaft jammert nach einem Stücke von mir; der alte Director 15hatte, ehe er sie ausgelesen, bereits die 1st Sc. aus Nannette extrahirt, aber da — kamen die Verwandlungen. Don Juan und Faust sollen sie haben. Ich versichere, dieß Stück, mit dem ich mich auf die Hohenstaufen und deren reine Geschichtlichkeit vorbereite, indem ich alles was ich noch auf dem 20Herzen habe, darin abschäume, wird ein theatralischer, be- geisternder Gothland. Faust und Don Juans Schicksale verpflechten sich in der gemeinschaftlichen Liebe für Donna Anna, Don Juan, der Spanier, Faust, der Deutsche, Don Juan, schwelgend in Ruhm, Sinnlichkeit, Faust, im Wissen, im 25Zweifel. — Nein, dem Holtei gebe ich nichts; da geht's mir wie dem Napoleon, ich liebe große Schlachten, Scharmützel schwächen mich, selbst am Geiste. — Neulich sprachst Du von meiner Geliebten, von Paris. Mon Dieu, da möchte ich als Correspondent der Wiener Modezeitung leben. Daß 30Du heirathen solltest, war mein Spaß, ausgenommen, wofern Du Geld dabei eroberst. Ist es Dein Ernst? Befindet sich der Benemann in Zörbig? Viel Pecunien wird er nicht haben. Und ist Höpfner Gerichtsverwalter in Schandau? Gott, welche Helden sind wir worden! Schändlich aber, daß diese Ochsgenies 35(sie ochsten) sich nicht besser oder schlechter stehen als wir, wir Faullenzer auf den Straßen von Stehely nach d'Heureuse, von Stehely zum Theater. Wenn Du ein Kind kriegst, bin ich Dein Gevatter, es soll „Murki“ heißen. Fürerst will ich ein kleines Flämmchen im Mindener Sonntagsblatt, 40welches auch in Berlin gelesen wird, und dessen Redacteur, Regierungsrath Meier, mich neulich mit Begeisterung [GAA, Bd. V, S. 223] aufgesucht hat, anzünden. — Schick' an die Journale, obgleich ich weiß, daß Du schon das Ungeheuerste gethan hast. Auch Pustkuchen scheint indirect mich zu ermuntern, in Dramatisierung der Hohenstaufen von Memel bis Triest die 5höchste Palme zu erringen; alles was bis jetzt darüber geleistet ist, ist Dreck, größer, vaterländischer als alles sind die Hohenstaufen, größer, vaterländischer ihr Drama. Ganz Deutschland in die blendenden Farben der Poesie gehüllt. Die Post geht. 10 echter Grabbe. Detmold d. 2t März 1828. (Sehr eilig geschrieben) [Adresse:] An die Hermannsche Buchhandlung (Hrn. Buchhändler 15Kettembeil) Wohllöblich in Frankfurt am Main. Frei. |
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