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Nr. 162, siehe GAA, Bd. V, S. 219thumbnail
Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Georg Ferdinand Kettembeil (Frankfurt a. M.)
Brief

                        Handschrift Amicissime!

15  Dank für die letztübersandten Exemplare. Pustkuchen fährt
unermüdlich mit den Recensionen über meine Werke in seinem
„Herforder“ Blatt fort; Sulla ist ihm das Höchste, auch setzt
er mich über Heine, Immermann, und in Sulla über Shakspeare.
Den „Kunz“ mußt Du treiben. Hast Du auch
20nicht bloß an „Hauf“, sondern an die Redaction des
Morgenblatts ein Exemplar gesandt? Schreib mir ohngefähr,
welchen Zeitungen Du Exemplare geschickt, wir können deren
nicht genug fortsenden, denn „recensiren“ müssen
sie, dem Geschäftsgange gemäß endlich. Unsere Sachen sind
25erst ¼ Jahr im Gange, und wir haben bis dato Glück genug.
Börne gehe zum Teufel. Ich stehe ohne ihn.

  Gestern erhalt' ich Antrag von Hrn. von Holtei; — soll
ein Lustspiel gegen Ende Mai c. zu seinem Taschenbuch deutscher
Theaterspiele liefern. Schwerlich wohl, thät' es
30höchstens Gubitz zu Gefallen, denn in kleinen Dramen will
ich nicht verkrüppeln, — um Pfingsten bis Johanni
d. J. ist mein „Don Juan und Faust“ (Scene im
heutigen Rom, voll Trümmer, beleuchtet vom Abendroth
menschlicher Vergangenheit) gewiß fertig, — Du magst
35dann überlegen, ob er uns nützen kann. Er vereint all mein
bisheriges Streben und bildet das Ende der Katastrophe.

  Freilich rückt der Feind langsam an, doch längst nicht so
langsam wie fast bei allen übrigen neuen poetischen Werken,
und der Feind, den wir bis jetzt gesehen, betrachtet uns im

[GAA, Bd. V, S. 220]

 


Grunde doch mit gesenkten Lanzen. Es muß schlimmer werden,
und wird es.

  Erhält'st Du Recensionen, so schickst Du Sie mir wohl
gleich, in originali oder Abschrift, auf meine Kosten. O, was
5werden die Handschrift angegriffenen Tagesblätter sagen? Hell wird
dunkel, Kind wird alt, Methusalem verjüngt
sich und kackt inelegant. Methusalah! Du Süße!

  Die Hunde, wir sind Poeten, größer wie sie, und könnten
noch größer seyn. Alle bisherigen Recensenten spüren das,
10und es muß noch mehr gespürt werden.

  „Don Juan und Faust“ wird theatralisch; trägt
auch eine Spur der Oper, die ihm aber, wenn ich kein erbärmlicher
Philister bin, nur nützen kann.

  Kannst Du meine Pfote auch lesen? Das Actenschmieren
15macht sie so schlecht. Ich fühle mich überdem seit einigen
Tagen unwohl pcto eines nicht verdauten Häringssalates, aber
daß Du mir trotz dieser kurzen Zuschrift doch ordnungsmäßig
und bald antwortest hoffe ich als

                              Dein
20treuer, erbärmlichster Grabbe.

Detmold den 6t [richtig: 5t] Febr. 1828.

  (Nochmal, ich glaube, an Journale, und kommen die Recensionen
auch erst nach langen Zeiten hinaus, sind auch genug
Exemplare zu senden, denn viel gesetzt, viel gewonnen.)

25                                
„es gibt nichts Neues unter der Sonne.“

[Adresse:] Handschrift Sr Wohlgeboren dem Herrn Buchhändler Kettembeil
(Hermannsche Buchhandlung) in Frankfurt am Main.
Franco.

 

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1818Christian Dietrich Grabbe Nr. 20a, 15. Februar 1818
1820Christian Dietrich Grabbe Nr. 30a, 20. May 1820
1827Fürstlich Lippisches Militärgericht Nr. 115a, 03. Januar 1827
1828Fürstlich Lippisches Militärgericht Nr. 202a, 20. August 1828 — Christian Dietrich Grabbe 
1830Christian Dietrich Grabbe Nr. 275a, 29. August 1830
1831Christian Dietrich Grabbe Nr. 290a, 11. Februar 1831
1832Christian Dietrich Grabbe 
1833Fürstlich Lippisches Militärgericht Nr. 400a, 18. Juni 1833 — Christian Dietrich Grabbe 
1835Christian Dietrich Grabbe  — Fürstlich Lippisches Militärgericht Nr. 734a, 26. August 1835
1836Christian Dietrich Grabbe