Nr. 162, siehe GAA, Bd. V, S. 219 | 05. Februar 1828 | ![thumbnail](/Grabbe/Faksimiles/Briefe/small/G05B0162_01small.jpg) | Christian Dietrich Grabbe (Detmold) an Georg Ferdinand Kettembeil (Frankfurt a. M.) | Brief | | | | Vorangehend: ![](/icondir/lettericon.png) | Nachfolgend: ![](/icondir/lettericon.png) |
| Amicissime! 15 Dank für die letztübersandten Exemplare. Pustkuchen fährt unermüdlich mit den Recensionen über meine Werke in seinem „Herforder“ Blatt fort; Sulla ist ihm das Höchste, auch setzt er mich über Heine, Immermann, und in Sulla über Shakspeare. Den „Kunz“ mußt Du treiben. Hast Du auch 20nicht bloß an „Hauf“, sondern an die Redaction des Morgenblatts ein Exemplar gesandt? Schreib mir ohngefähr, welchen Zeitungen Du Exemplare geschickt, wir können deren nicht genug fortsenden, denn „recensiren“ müssen sie, dem Geschäftsgange gemäß endlich. Unsere Sachen sind 25erst ¼ Jahr im Gange, und wir haben bis dato Glück genug. Börne gehe zum Teufel. Ich stehe ohne ihn. Gestern erhalt' ich Antrag von Hrn. von Holtei; — soll ein Lustspiel gegen Ende Mai c. zu seinem Taschenbuch deutscher Theaterspiele liefern. Schwerlich wohl, thät' es 30höchstens Gubitz zu Gefallen, denn in kleinen Dramen will ich nicht verkrüppeln, — um Pfingsten bis Johanni d. J. ist mein „Don Juan und Faust“ (Scene im heutigen Rom, voll Trümmer, beleuchtet vom Abendroth menschlicher Vergangenheit) gewiß fertig, — Du magst 35dann überlegen, ob er uns nützen kann. Er vereint all mein bisheriges Streben und bildet das Ende der Katastrophe. Freilich rückt der Feind langsam an, doch längst nicht so langsam wie fast bei allen übrigen neuen poetischen Werken, und der Feind, den wir bis jetzt gesehen, betrachtet uns im [GAA, Bd. V, S. 220] Grunde doch mit gesenkten Lanzen. Es muß schlimmer werden, und wird es. Erhält'st Du Recensionen, so schickst Du Sie mir wohl gleich, in originali oder Abschrift, auf meine Kosten. O, was 5werden die angegriffenen Tagesblätter sagen? Hell wird dunkel, Kind wird alt, Methusalem verjüngt sich und kackt inelegant. Methusalah! Du Süße! Die Hunde, wir sind Poeten, größer wie sie, und könnten noch größer seyn. Alle bisherigen Recensenten spüren das, 10und es muß noch mehr gespürt werden. „Don Juan und Faust“ wird theatralisch; trägt auch eine Spur der Oper, die ihm aber, wenn ich kein erbärmlicher Philister bin, nur nützen kann. Kannst Du meine Pfote auch lesen? Das Actenschmieren 15macht sie so schlecht. Ich fühle mich überdem seit einigen Tagen unwohl pcto eines nicht verdauten Häringssalates, aber daß Du mir trotz dieser kurzen Zuschrift doch ordnungsmäßig und bald antwortest hoffe ich als Dein 20treuer, erbärmlichster Grabbe. Detmold den 6t [richtig: 5t] Febr. 1828. (Nochmal, ich glaube, an Journale, und kommen die Recensionen auch erst nach langen Zeiten hinaus, sind auch genug Exemplare zu senden, denn viel gesetzt, viel gewonnen.) 25 „es gibt nichts Neues unter der Sonne.“ [Adresse:] Sr Wohlgeboren dem Herrn Buchhändler Kettembeil (Hermannsche Buchhandlung) in Frankfurt am Main. Franco. |
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