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[GAA, Bd. VI, S. 174]

 


19. Januar noch einmal zu lesen, u. zu erwägen, daß unser
gemeinsames Bestes dasjenige jetzt heischt, was ich Dir vorgestellt.
Liebster Grabbe, erinnere Dich, wie oft Du Dich
verheißen, mich glücklich machen zu wollen; denke doch einmal
5an die Folgen Deiner ferneren Weigerung! — — — —.

  Uebertrage mir freiwillig die Verwaltung des Gemeinguts,
oder schließe die Gütergemeinschaft aus, gegen mein Dir bekanntes
Versprechen, wonach ich Dir so fort durch ein Testament
die Einkunft von meinem Vermögen lebenslang zusichern
10werde, falls ich vor Dir versterben sollte. Auch wirst
Du wissen, daß Dir die Nutznießung meines Vermögens mit
mir vereint geblieben, wenn auch gleich die Gütergemeinschaft
ausgeschlossen.

  Wähle diejenige von den beiden Einlagen hier, welche die
15bessere Dir zu seyn scheint, u. sende mir solche dann mit
Deinem Namen: Dietrich Christian Grabbe, unterzeichnet
zurück. Und Dein Herz wird Dich lohnen, Du wirst froher
und glücklicher werden mit dem Bewußtseyn die Sorgen von
meinem Herzen genommen zu haben.

20  In vergangener Woche konnte ich den Rest der alten, von
Papa noch vorhandenen, Bücher sehr gut in das Ausland
verkaufen, ebenso wie seine Manuscripte, ich habe aber den
Vorschlag vorerst abgewiesen, weil ich nicht weiß, ob Du
nicht selbst noch einmal behuf Deiner eignen Schriftstellerei,
25davon Gebrauch machen willst. Ich bitte Dich, Dich hierüber
auszusprechen. (Einige Landcharten habe ich indeß verkauft.)

  Auch habe ich vor Kurzem etwas Höchstinteressantes in
Erfahrung gebracht. Ach, hätte das der gute Papa noch erlebt!
Sein lippischer Stammbaum könnte jetzt die Vollkommenheit
30erhalten, wenn ich einige hundert Thaler zu entbehren hätte.
Die alten Lipp. Urkunden, welche während des 30jährigen
Krieges vom Stift Cappel weggekommen, sind nicht, wie man
bisher vorgegeben, im Rheinstrohm nach dem J. 1803 verunglückt,
sondern wirklich noch vorhanden, u. ich weiß
35jetzt, wo sie sind. Papa's Vermuthungen in Handschrift Betreff derselben,
waren also wohl gegründet.

  Nun, lieber Grabbe, bitte ich Dich noch einmal von ganzen
Herzen, erlöse mich von den Sorgen; denke an die Vergangenheit,
an Dein stets wiederholtes Versprechen, und an mein
40gegenwärtiges Alleinstehen im Gedränge der Umgebung. Wird
mir durch Willfahrung meines Wunsches die Ueberzeugung,