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GAA, Bd. V, S. 189 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. V, S. 189]

 


  Ferner sende auch nach München; an die Heidelberger Jahrbücher
(sind uns vielleicht gut), an die Leipziger Literaturzeitung,
und überhaupt an alle journalistischen Institute soviel
Du kannst. Dieses Opfer bringt Handschrift uns vielleicht viel ein. Meine
5Versendungen sind unterirdische Minen.
  Hier bei uns ist noch immer Rumor; selbst der von mir mit
Absicht getadelte erste Komiker und Liebhaber hiesigen Theaters
(jetzt nach Berlin, wenn er gehen will, berufen, und besser
als z. B. Stein) macht mir die Aufwartung (Hr. Braunhofer.)
10Du siehst, unsere Tollheiten wirken in jedem Schlag Menschen.
  Köchy gibt ein Journal, Horen genannt, heraus, und will
mich darin gleichfalls sofort produciren. Der Uechtriz soll vernichtet
werden.
  Im Eulenspiegel muß die Scene, wo er bei dem Landgrafen
15(Grafen) malt, und nur ein Ehelicher (ist das zu unzart?
ich kanns mäßigen) das Gemälde sehen kann, die Hauptsituation
werden und sich seine Handwerksverhältnisse daran
knüpfen.
  Die Hohenstaufen (Friedr. I, II, Heinrich VI) wurmen.
20Friedrich II, mein Liebling von je, könnte höher stehen als
Sulla. Der Don Juan und Faust heulen. Etwas, schon meines
Characters wegen, müssen wir aber auf den Erfolg unserer
Sachen, der doch erst in einiger Zeit (Die Leute sind schweren
Lesens und Verstehens und Schreibens und Druckens) losbrechen
25kann, warten. Meine Hoffnung ist groß.
  In meinem Briefe an die Journalredactoren steckt freilich
der Mephisto.
  Nun, nun, der Schauspieler, welcher meinen Gothland eine
in Pracht und Scepter auf den Nachtstuhl gesetzte Theaterköniginn
30nennt, hat doch ein kleines Bischen von meiner
Malice geahnt. Die Theaterkönigin ist meinem Sinne nach
die moderne Poesie.
Clienten, Clienten, Clienten! Soldaten!
Verschicke viel, ich bitte.
   Ich schließe, bald mehr von mir,
                 von Dir bald Antwort
D. d. 28 st Nov.    Dein, Dein, Dein
        1827.                        Grabbe.

[Adresse:] Handschrift Sr Wohlgeboren dem Herrn Buchhändler Kettembeil
40(J. C. Hermannsche Buchhandlung) in Frankfurt am Main.
Frei.