| [GAA, Bd. IV, S. 101] Und was heißt es, der König würde Schillers Umgebung erweitert haben? Vielleicht, daß er ihn statt in Jena oder Weimar in München oder Rom (von letzterem soll der König in dieser Beziehung gesprochen haben), als zwei größeren Städten, 5placirte? Ich denke Schiller hätte solche Anerbietungen so gut abgelehnt, als seine bekannte Berufung nach Berlin. Nicht auf die Größe der Städte, auf die Geister, welche darin hausen, kommt es an. München wird schwerlich, und Rom wird kaum einen Kreis von Geistern wie Herzog Karl August 10und Amalia, wie Wieland, Herder, Goethe selbst, Fichte, Schelling, (den jetzt München als Bruchstück aus dieser Versammlung besitzt), die beiden Humboldt's, wieder vereinigen können. Die Unterhaltung mit ihnen war einem Schiller sicherlich werther als jede sonstige äußerliche Erweiterung seiner 15Umgebung. Dieses Erweitern scheint einer von den vagen Ausdrücken zu seyn, deren sich Goethe so häufig bedient, wenn er nicht weiß, was er zu sagen hat oder sagen will, z. B. wunderlich, behaglich u.s.w., so wie er seine ganze Lebensbeschreibung dadurch in ein häßliches Zwielicht stellt, daß 20er sie Dichtung und Wahrheit titulirt. Und nun die Briefwechselei selbst: fast überall begleitet den Leser die Erinnerung, daß Schillers Manen finster auf dessen Publication herabsehen. Goethe hat oft der Nation, im Vertrauen auf seinen Ruhm, Lappalien dargeboten, hat oft 25das Sprichwort haud multa, sed multum nicht beherzigt, jetzt übersieht er das wieder, und größtentheils auf Kosten Schillers, der in dem Puncte ganz anders dachte. Obgleich Goethe nach einer Ankündigung der Gesammtausgabe seiner Werke selbst ziemlich unumwunden und in einem 30entschuldigenden Tone eingesteht, daß er wegen sich und der Seinigen auch pecuniäre Interessen zu schätzen wisse, will ich glauben, daß bei dem Briefwechsel das Honorar, welches die getäuschten Käufer mit tüchtigen Procenten dem Buchhändler wieder bezahlen müssen, ihm Nebensache gewesen sey. Hauptsache 35war wohl, wie schon oben im Vorübergehen angedeutet ist, der erstaunten Welt die Huldigung, welche Schiller für Goethe privatim ausdrückte, die freundliche Annahme dieser Huldigung durch Goethe, und billigerweise auch das vornehme Zuneigen und Entgegenkommen desselben zu Schiller, mitzutheilen. 40sc.: „„Einer der gewaltigsten, vielleicht der erste vaterländische Dichter, den Mancher hat über mich setzen wollen, |
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