| [GAA, Bd. IV, S. 73] Herr Braunhofer (Nerissa und Graziano) überboten ihre Herrschaft (Portia und Bassanio) bei weitem. — Die Jessica, dargestellt von Dem. Herzinger, war wieder auch gar nichts als eine Figur, die man für ein Mädchen hält. Herr 5Spengler (Doge) verstand den Boten von Padua mit vielem Pathos vor Gericht zu rufen. Der Lanzelot, vom Herrn Lange gegeben, war munter genug, und endlich Antonio, der königl. Kaufmann, noch in jugendlichem Mannesalter, dessen trübe Ahnung und ernste Selbstaufopferung, 10einen Character der Schwermuth dem Stücke verleihen soll, fand im Herrn Greenberg einen Repräsentanten, der höchstens an einen wohlgenährten Banquier erinnerte. — Die Verse wurden fast durchweg schlimm vorgetragen, besonders im 4. und 5. Fuß. Schade für unsere Schauspieler, 15daß Schlegel die Verse unsers Originals so geglättet hat; die Zungen scheinen auszugleiten. — Lanzelot und Graziano haben einige Derbheiten zu sagen, und es war Recht, daß man sie nicht aus Zimperlichkeit gestrichen hatte. Ref. bittet aber, diese Derbheiten künftig nicht verstoh-[S. 20312 b]len, mit halbem Munde vorzutragen; der feinere Beobachter merkt daran, daß der Schauspieler doch etwas anderes als bloß unschuldige Keckheit darin sieht, und die Sache wird eben dadurch eine Zote. — Shakspeare hat nirgend so wie im Merchant of Venice Costume und Ort beachtet. 25Desto auffallender war es, daß man bei uns den sonst recht gut gemahlten hiesigen Schloßplatz als Decoration in Venedigs Straßen placirte. Die der Erdbeschreibung kundige Regie durfte das nicht zugeben, — Pferde, Reitbahn und Bäume sind in Venedig nicht zu finden.30 Ref. hat das Unglück, daß man ihn für einen Tadler hält, wenn er, wie oben geschehen, so gern aus innerstem Herzen loben will; — sollte aber nicht seine wahre Meinung, daß die Detmolder Bühne jetzt, Cassel und Frankfurt a. M. ausgenommen, zwischen Weser, Main und Mosel die beste ist, 35ihn rechtfertigen können? Blindes Lob ist der Künste Grab.(Fortsetzung folgt gelegentlich.) B. |
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