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[GAA, Bd. II, S. 212]

 


anfaßte.
Diephold Ich will ihn lehren, seine Pflicht mit bloßen Hän-
den, und nicht in Handschuhen zu tun — Daß für die
Kranken gesorgt wird, — das letzte Essen, der letzte Wein
5 unserer Keller werde für sie gebraucht —
Der fränkische Krieger Straf mich Gott, ich wollt, ich
hätte die Pest auch — Man bekommt dabei zu verzehren,
wie ein König.
Diephold Nenn es nicht Pest, es wird eine andere leichtere
10 Krankheit sein.
Der fränkische Krieger Bewahre — Pest ists nicht — es
ist nur ein kleines Leiden, welches das Gesicht bräunt, die
Augen heraustreibt, den Hals zusammenschnürt wie nichts
Gutes, und jeden ansteckt, der dem Kranken nahe kommt
15 — Kurz, es ist eine tötende Erstdruck Schwäche, — wie sie heißt,
wird dem Sterbenden einerlei sein.
Diephold Werde mir nicht zu beißig, Konrad.
Der fränkische Krieger Das mußt du mir nicht verdenken,
Feldherr — Hunger macht beißig — Brot hab ich nicht
20 mehr, — so muß ich an Worten beißen.
Diephold Der Kaiser hat euch Jahre lang ernährt und be-
soldet, dafür lernt auch ein paar Monate für ihn hungern.
Der fränkische Krieger Bei Gott, es ist schwerer für ihn
zu hungern als für ihn zu sterben.
25Albert Ja, Herr, das Sterben ist bald vorüber, aber der
Hunger ist wie ein lebendiges Tier, Tag und Nacht, beim
Wachen und beim Traum munter und nagend.
Diephold Ihr seht, ich leide Mangel wie ihr.
Der fränkische Krieger Das zeigt die Größe unserer Not,
30 hilft uns aber nicht.
Erstdruck Diephold Nun, redet, tadelt, wie ihr immer wollt,
Doch handelt treu und mutig, wie ihr sollt.
Geht ab, Achmet bleibt mit verschränkten Armen stehen und
hört, bisweilen darüber lächelnd, das folgende Gespräch an 35
Albert Hauptmann, du fluchst ja gar nicht mehr.
Hauptmann von Schwarzeneck Donnerwetter, ich halte den
Atem an mir. Er hilft immer doch etwas den Magen zu
füllen.
Wolfgang Das war eine andere Zeit, Herr Hauptmann, als
40 wir am Vesuve noch die Tränen hatten.
Hauptmann von Schwarzeneck Hast keine mehr, Kerl?