| [GAA, Bd. II, S. 151] Dritte Szene Küste in Ostfriesland Vieles niedersächsische Volk, Männer, Frauen, Mädchen und Kinder am Strande liegend und umherstehend, darunter 5 Christoph, Wehrfried, Bernhard, Gottfried usw.Christoph Landsleute! hört ihr die See donnern? hört ihr sie jauchzen? Brauset und schäumt und springt, und schüttelt sie die Wogenkämme nicht wie ein Roß, auf welchem ein stolzer, ein mächtiger Reiter heransprengt, die Mähne? der 10 Herzog ist auf ihr! Sie fühlt es, sie weiß es!Bernhard Er kommt, er kommt zurück! Und, wie die Sonne den Morgen bringt, bringt er wieder die alte, große Zeit.Wehrfried Meint ihr, er hätte sie in der Tasche, und könnte sie mitnehmen und wiederbringen wie eine Nuß? 15 Christoph Als er noch herrschte, waren wir Sachsen — Was sind wir jetzt geworden, seit uns der Barbarossa in Stücken schnitt, wie der Schlächter den getöteten Stier — Olden- burger, Holsteiner, Schaumburger, Lipper, und Gott weiß was, jeglicher klein genug, daß jeder Große ihn fressen 20 kann wie eine Wurst! — Als der Löwe noch herrschte, wir seine lebendigen Glieder waren, — Tod dem, der einen von uns, wär er auch nur ein Härchen an seinem Fell gewesen, angerührt hätte.Wehrfried Das Schlimmste ist, daß wir, seit wir tausend 25 kleine Herren haben, auch tausendmal mehr geplagt wer- den, als wir nur Einen hatten. Früher konnte man wider die Adeligen Recht finden bei dem Herzoge, jetzt sind sie selbst Fürsten geworden, der Kaiser haust fern von uns und ist nicht unser Landsmann, — sie reiten auf ihren 30 Jagden unsre Kornfelder nieder, pressen uns unser bißchen Gut aus, daß wir arm und hungrig sind wie die Kirchen- mäuse, und Armut und Hunger, Freunde, machen Courage bis zur Begeisterung! Es kommen neue Volkshaufen 35 Christoph Seht da! Stormarn, Dittmarsen, alles kommt her- an, — ganz Norddeutschland stürzt sich dem Gewaltigen entgegen wie der Strom dem Strudel.Wehrfried Die Armut und der Hunger!Bernhard Wiederhole das nicht, Wehrfried — Wir hungern |
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