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[GAA, Bd. VI, S. 149]

 


habe, kann ich erst schicken, wenn ich sie alle beantwortet
habe, wobei ich mitten unterm Untergang Carth. begriffen
bin. Geheim ist Ihnen nichts mehr, selbst die Briefe meiner
Frau nicht. Schreibt sie so, so werde sie auch so gelesen.
5Nicht einmal erörtern mag ich ihre geizathmenden Schmierereien.
— Am Hannibal habe ich nur noch 3 Scenen umzuarbeiten.
Sicher kann ich nicht eher sterben, bis ich ihn vollendet.
— Dann lassen Sie uns unter meiner Firma (denn,
obgleich Sie mehr an die Kunst denken, als an's Interesse,
10würden Sie dem lesenden Gepack doch bei Urtheilen über
das hiesige Theater betheiligt scheinen, schlecht wie es sieht,
hält es alles schlecht wie sein eignes Auge) den Hermann
des Runkel für Düsseldorf mit fortlaufender Theaterchronik,
und mit der Gesammtkritik ein anderes, bedeutenderes Blatt
15in Beschlag nehmen. — Die Briefe Hofers, die ich heute
behufs der Rec. wieder ansah, haben mich tief ergriffen. —
Das übrige Obige über meine Briefe p. p. schreibe ich nur,
weil ich glaube, gestern mehr gesagt zu haben, als ich in
dem engen Zeitraum leisten kann. Daß ich aber jetzt fleißig
20bin, bezeuge ich mir selbst, und da ich mich nicht schäme,
ist es wahr.

  Daß Aschenbr. (von dem ich bald gern einen Correcturbogen
sähe) und Hannibal so werden wie sie jetzt sind,
verdank' ich nur Ihnen. Die älteren Manuscripte sollen auch
25Ihnen hiermit Eigenthum seyn, wenn es Ihnen gefällt, sie
anzunehmen.

  Mit meiner Assonanz, dem Hrn. Plagge, will's noch nicht
recht. Man sieht ihm die Mühe an. Das erste Stück gestern,
Philipp, ist aber eine eigene Erscheinung: breit hingearbeitet
30auf Effectscenen, wie diese: die Mutter erkennt in dem, den
sie heirathen will, ihren Sohn. Der Vater geht als Hausknecht
großartig beian. — Doch auch so was gehört zur Zeit, das
Publicum muß auch davon wissen, und die echte Poesie
wird aus solchem Mist nur so höher aufwachsen. — Die Frau
35Brodowicz scheint mir eine treffliche Acquisition.

  Düss. 31. Jan. 1835.Gehorsamst

Grabbe.

[Adresse:] Sr Wohlgeboren dem Herrn Oberlandesgerichtsrath
Immermann.