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[GAA, Bd. V, S. 291]

 


Vergleiche künftig im Operntexte die Lieder Richards und
Blondels mit meinen (echten.) Wirst Dich wundern. —
Brauchst nicht bange zu seyn, daß ich ermatte, wer so reich
an Gedanken und Bildern pp ist, wie ich in Heinrich VI hat
5noch genug. Nur darin gebe ich in etwas recht, nicht ganz,
daß im B[ar]b[a]r.[ossa] die Lanzknechtsscenen mehr interessiren,
— aber das ging gar nicht anders, dort waren sie
noch neu, und Lanzknechte kommen künftig nicht wieder in
den H[o]h[en]st.[aufen] vor. Hier mußten grade soviele seyn
10als da sind.

  Übrigens traue meinem Urtheil um so mehr, als Du mich
darin kennst. Lies das Stück etwas unbefangener, und denk'
nicht, ich hätte forcirt. Ich urtheile jetzt um so unpartheiischer
als ich die Sache auf einmal aus einer fremdartigen Position
15ansehe, die vielleicht, da sie mir einige geistige Ruhe gibt
(denn arbeiten darf ich einige Tage lang nicht) und mir Diät
aufnöthigt, die mir gefällt, und aus andren Gründen, mir sehr
sehr nützlich ist: mir ist bis auf einige Fasern der linke (Ober-)
Arm ab. Auf Ehre! — — Es ist natürlich, wie man hier
20auch allgemein weiß, auf einer Schlittenfarth, die ich mit einigen
jungen Leuten machte, geschehen. — Heinrich VI, selbst
sein Sterben, selbst der Anfang mit Vesuv, Ende mit Aetnas
Riesenhaupt, ist größer angelegt als der Gothland. — — —
Etwas mehr Zeit werde ich mir bisweilen bei meinen Stücken
25nehmen, — jedoch bei Heinrich war's nicht noth. Er sprang
wie Minerva aus dem Kopfe. — Laß uns noch ½—1 Jahr
versuchen. Es keimt doch. — Auf Neujahr habe ich übrigens
die 24 rthlr., und ich glaube, Wist, der neulich nur 60 rthlr.
genommen, wie er sagt, mir aber 72 rthlr. bezahlt, hat 12
30rthlr. Rückstand. — Schreib bald oder schicke eine tolle Recension
Deinem Grabbe. (Habe Wundfieber.) Detm. 30 Dec. 1829.

  [Adresse:] Handschrift Sr Wohlgeboren dem Herrn Buchhändler Kettembeil
(Hermannsche Buchhandlung) in Frankfurt am Main.

  Eines ferneren Briefes Ihrer Hand oder von der Frau Archivräthin
35bin ich nicht werth, —