| [GAA, Bd. IV, S. 45] endlich emporschwingt, um den Hamlet umzubringen. Den Prinzen in eventum mit einem Trunke, der sofort tödtet, vor den Augen der Königin, des ganzen Hofes vergiften zu wollen, macht den hinterlistigen, besonnenen und feigen König 5zu einem albernen Waghalse. Selbst der Geist, vor dessen Erscheinung in der That das Grauen hergeht, vernichtet durch seine breiten Expositionen, mit abgedroschener Moral untermischt, jeden Eindruck, den man gefaßt hatte. Steckt hier eine shakspearische Ironie (wie ich fürchte), so kann ich sie doch 10nicht verzeihen, weil sie den Effect stört. Vortrefflich ist der Gegensatz Hamlets zum Laertes: jener voll Tiefe, dieser voll Hohlheit und Bombastes (in der tiefsten Trauer erinnert er sich an sieben fach gesalzne Thränen.) Sicher nicht ohne Anspielung läßt Shakspeare den Laertes eine Sehnsucht nach 15Frankreich empfinden. Auch Fortinbras gibt gegen den Hamlet einen guten Contrast ab, er mußte aber in der Ferne bleiben, weil sein näheres Eintreten ihn entweder zum Haupthelden gemacht oder doch den Hamlet in Schatten gestellt hätte.20 Schon aus diesen Characteren ergibt sich, wie das dramatische Verhältniß des Stückes im Ganzen seyn muß. Alles ruht im Hamlet, das Reden ist die Hauptsache, die Handlung ungelenk und schleppend. Ophelias Wahnsinn, Laertes' Empörung, Hamlets Reise nach England, seine zufällige Errettung 25pp. pp. fallen wie aus den Wolken, und soll hier abermals eine shakspearische Feinheit (welcher Ausdruck so oft als Substitut eines shakspearischen Fehlers gebraucht wird) stecken, daß nämlich, wie Wilh. Schlegel meint, trotz aller Hebel welche Erde und Himmel zur Bestrafung der 30Frevler in Bewegung setzen, diese Bestrafung nicht durch das erwählte Werkzeug, den Prinzen Hamlet zu Stande gefördert wird, sondern nur zufällig eintritt, — so hätte uns der Dichter sowohl die Wiederholung solcher Zufälle sparen sollen, als man ohnedem bei Hamlets Character a priori 35weiß, daß nicht er, sondern der Zufall das Spiel entscheiden werde. Der Dichter scheint an der Handlung im Hamlet Langeweile gehabt zu haben. Wie zeitungsmäßig und wie steif bewegt sich alles, was nicht zur Reflection gehört. Man denke 40nur an den Theil der Exposition, welcher in Horatios Erzählung von dem Wettstreit des alten Hamlet und des alten |
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