Das Christian-Dietrich-Grabbe-Portal
 
GAA, Bd. IV, S. 65 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. IV, S. 65]

 


dem Schloßplatz hingebaut worden, hätte solche Form besser
angestanden, als der jetzt daran geheftete Vorbau. Dieser erinnert
nur daran, daß er die ungefügige Masse des Gebäudes
und das hochaufgetriebene Dach verstecken soll, und es nicht
5vermag. Ob das neue Strafwerkhaus ein Meisterstück wird, muß
man erwarten; der kleine Vorhof mit den kurzen Flügeln
erregt Zweifel daran; nur bei einem Pallast von größtem Umfange
ist so ein Vorhof mit gehöriger Ausdehnung und Wirkung
beizubringen, wie z. E. bei den Tuillerien der Fall ist.
10Die Lage des Strafwerkhauses ist wahrscheinlich von der Nothwendigkeit
geboten, oder aus Gründen der Nützlichkeit erwählt;
am äußersten Ende der Stadt gelegen, mag sie für den
von Lemgo kommenden Wanderer erbaulich und warnend
seyn, hübsch ist sie aber nicht; an der einen Seite ist
15der Boden weit höher als an der anderen, nahgelegene Hügel
gestatten keinen genugsamen Vorraum, und man muß auf
den Juden- oder Christen-Kirchhof steigen, um die rechte Ansicht
zu genießen. Auch das Abreißen des alten Werkhauses
und des Zuchthauses, um ein paar winzige Privathäuser dafür
20hinzusetzen, ist geschmackwidrig. Eines dieser Privathäuser
würde immer bis zur Hälfte von dem Bruchberge verdeckt
erscheinen. Besser wäre es, das alte Strafwerkhaus und das
Zuchthaus zu einem öffentlichen imposanten Gebäude zu
vereinigen, und zwar zum Zuchthaus- und Criminal-Gefängniß
25 zugleich. Daß ein solches öffentliches Gebäude, sobald es
nur ein würdiges Ansehn hat, nicht in die Nähe des Schlosses
passen soll, begreife ich nicht; in diesem Fall müßte auch der
Anblick auf Hauptwache, Gerichtsstuben etc. aus der Nähe der
Schlösser entfernt werden; der Staatszweck ist zu groß, als
30bei einer Anstalt, die einen Theil desselben erfüllt, kleinliche
Nebengedanken zu fassen; auch liefern gerade hinsichtlich
der Gefängnisse alle Hauptstädte den Beweis des Gegentheils,
am berühmtesten darin ist Venedig. Hier in Detmold ist aber
das Schloß durch einen Graben, ein Gebüsch und einen Wall
35vom alten Werkhause und Zuchthause getrennt; auch das, was
in der gedachten Correspondenz von Schlägen und Geschrei
gesagt wird, ist in jeder Hinsicht völlig unbegründet
und un-[S. 280 a]möglich. Welch schönen Anblick die an den
Schloßgraben zu setzenden Privathäuser auf die Länge gewähren
40werden, beweisen diejenigen Häuser, welche mit ihrem
Gefolge von Ställen, Gruben und angeschwemmten Lande schon