| [GAA, Bd. I, S. 398] Der Sklav Wehe mir, Ich bin verloren! Er entrinnt — Der junge Marius und Saturninus kommen. Sie laden Ma- rius zu der Siegesfeier ein, welche sie zu seiner Ehre veranstal- 5 tet haben. Dem Marius ist in seiner jetzigen Stimmung jede Schwelgerei willkommen. Blut und Wein! sind seine Losung. Das Fest verbreitet sich über den ganzen Palast. Sich selbst, seine Lage, sein Alter, den Sulla sucht er mit Wein zu über- schwemmen und zu vertilgen. Dazwischen immer unerbitt- 10 liche Grausamkeit an seinen Feinden und freveliger Triumph des jungen Marius über die Gegenwart der Rache. Saturninus stimmt mit der ihm eigenen Erbitterung in den Ton ein. Bald glaubt Marius, daß sein vergangnes Leben wie eine siebenzig- jährige Furie ihm über die Schulter blicke, — bald freut er 15 sich, daß alle Leichen der vergangenen Zeiten sich wieder in seiner Brust aufrichten. Daß ihn aber noch nicht ganz sein alter großer Feldherrngeist verlassen hat, beweisen die An- ordnungen, welche er mitten in diesem Tumulte, wo sein Leben wie ein ausgehöhlter feuerspeiender Berg einzubrechen 20 scheint, zur kräftigen Fortsetzung des Krieges trifft. Diese Anordnungen werden so klar gegeben, stellen sich so gewaltig dar, daß Sullas Sieg jedem sehr zweifelhaft wird. Dritte Szene An den Toren Roms. Vor dem Lager der Marianer. Nacht 25 Einzelne Marianer auf den Posten oder an Wachtfeuern. Durch rasche und scharfe Individualisierung mehrerer von ihnen erregen sie des Zuschauers näheres Interesse. Die Le- bensweise und Denkungsart dieser verhärteten Kriegesbande tritt nahe vor die Augen. Ihre Mitglieder kümmern sich weder 30 um Rom, noch um die Welt, sie hängen lediglich an der Persönlichkeit des Marius: wie aus einem riesenhaft vergrößernden Spiegel strahlt aus ihrer Seele uns nur sein Bild entgegen. Wir gewinnen an ihm größeres Interesse, als wenn er selbst zugegen wäre: wer solche Anhänger hat, muß hoch- 35 gewaltig sein. Der glühendste Haß gegen Sulla beseelt die Marianer; sie wünschen nur gegen ihn geführt zu werden und zweifeln keinen Augenblick an der Gewißheit des Sieges; sie überhäufen ihn und seine Anhänger mit Spottreden. |
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