| [GAA, Bd. IV, S. 79] als sie eher ihre Aufgaben zu weich und sentimental als kräftig nimmt, es sey denn, daß der Schnurrbart eine Ironie seyn sollte. — Mad Köhler, von welcher man, obgleich sie zugleich Sängerin ist, nicht weiß, warum sie engagirt 5worden, spielt gleichfalls ältliche Damen und Bauerweiber mit unermüdlicher Zunge. [S. 400 a] Shakspeare's angeblich so trefflicher Grundsatz, daß die Bühne ein bloßer Spiegel des Jahrhunderts seyn sollte, wird jetzt von den schlechtesten Dichtern und Schauspielern am 10beßten befolgt; keine Handlung, keine Seele, keine Eigenthümlichkeit, sondern nichts als Worte, — keine Sprache, sondern Diction. Unter dem männlichen Personale des Schauspieles ist Herr Braunhofer ein Lichtpunkt. Man thut Unrecht, ihn nur 15als ersten Liebhaber zu nennen, sein Genie glänzt und, wie es scheint, ihm fast unbewußt, in allen Rollenfächern. Dabei wird sein Spiel von Fleiß, Ruhe und Bescheidenheit begleitet. Er ist die Seele unsers Drama's. — Die Dickfaust unsers Drama's erblicken wir dagegen fast in dem Herrn 20Schmidt, zweiten Liebhaber. Da, „wo es gilt zu kämpfen und zu stürmen“ (NB. mit den Statisten in der Oper Sargines) und da, wo Herr Schmidt glaubt brüllen zu müssen, z. B. als Wolodomir in Isidor und Olga, als Saladin im Nathan (die ganze Leibwacht des Saladin würde bei dem Geschrei 25in das Zimmer gestürzt seyn, um den Sultan vor einem vermeintlichen Mordanfall zu retten) verdient Herr Schmidt Kanonensalven zum Beifall. — Hr. Greenberg agirt die Väter, und da, wo es in Ifflandischen Stücken Familienjammer und Geldnoth gilt, spielt er äußerst natürlich. Aber poetische 30Begeisterung und Humor fehlen ihm. „Ossipp“ in Isidor und Olga ist eine Rolle, die nur dadurch erträglich wird, daß man sie mit beißendem Humor versetzt, und der Dichter hat leider diese Ausstattung nur spärlich gegeben, doch der Schauspieler kann hier außerordentlich nachhelfen. Herr Greenberg 35ahnte nichts davon und gab die Rolle in der seelenlosesten Gemeinheit. — Herr Lorzing spielt, was ihm so eben vorkommt: Bauerjungen, Bonvivant's, Studenten (die bei ihm aber als herrenlose Kaufmannsbursche aussehen), tragische Liebhaber (in Hamburg den Don Carlos!) und was seines Häckerlings 40mehr ist. Sein Organ ist schwach, seine Geberden sind bedeutlos, feine Mimik [S. 400 b] besitzt er gar nicht, indem |
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