| [GAA, Bd. IV, S. 102] hat meine überwiegenden Geisteskräfte anerkannt, und mir, als ich auf seine Bitte ihm die Hand darbot, im Vertrauen dieselbe geküßt““ — möchte etwas von den Ideen des Herausgebers gewesen seyn. Das dürfte bei Goethe, der in seiner 5Zeitschrift Kunst und Alterthum nicht ermüdet die Leser mit Wiederabdruck günstiger Recensionen seiner Werke zu belästigen, mittelmäßige Lobgedichte auf sich selbst zu communiciren, und hinterdrein zu erklären, eben nicht auffallen. Das Verhältniß beider Dichter zu einander könnte indeß 10auch etwas von dem Folgenden an sich haben: Goethe, der dichtende Weltmann, Schiller, der auch etwas zur Weltklugheit genöthigte Dichter, — beide wohl einsehend, es sey ein Staatsstreich von ihnen, wenn sie, während ihre Anhänger sich wüthend befehdeten, insgeheim miteinander Eins wären, — 15Schiller durch seine Lage gezwungen, in Sr Excellenz, dem Staatsminister Herrn von Goethe den Protector am Weimarischen Hofe zu finden, aber als gleich großer Dichter dieses unter Freundes-Namen verbergend — — Man denke weiter nach. Sollte es anders Schillers, des ernsten Kritikers Ernst 20gewesen seyn, Goethe's Producte von dem schlechtesten bis zum besten wie Kraut und Rüben durcheinander zu loben? Oder kannte er als Dramatiker seinen Mann? Im Briefwechsel scheint Schiller'n die Goethische Farbenlehre, von der er nicht einmal etwas versteht (etwa manche alberne historische Behauptungen 25ausgenommen, die Schiller erkannte und verachten mußte, wie z. E. Rom die Wolfstochter und Räuberbraut wäre aus einem behaglichen Zustande in die Breite der Weltherrschaft gediehen) eben so hoch zu schätzen wie wahrhaft reichhaltige, wenn auch nicht großartige und nach Goethe's 30bequemer Manier sogar künstlerisch unvollendete Werke: Wilhelm Meisters Lehrjahre und Faust. Werden Goethes kleine, oft treffliche Lieder, manchesmal mit Recht gelobt, so ist aber auch in dem Briefwechsel das kalte Ding, Hermann und Dorothea, in Gefühl und Vers weit unter der Louise von 35Voß stehend, vermuthlich unter qualhaften Anstrengungen entstanden, um ein genialeres Gegenstück jener Louise zu bilden, beinah als ein Ideal der epischen Dichtkunst gepriesen! — Und Schiller kannte zu jener Zeit den Homer gut genug.40 Ach, wie devot fängt Schiller den Briefwechsel an. Wie formell und schmeichelhaft kommt er dem Hochwohlgeborenen |
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