Das Christian-Dietrich-Grabbe-Portal
 
GAA, Bd. I, S. 136 zurück Seite vorwärts

[GAA, Bd. I, S. 136]

 


Mein Lebensglück verlor.
Gothland So weine;
Doch weine nicht, daß du dein Lebensglück
Verlorest, wein, daß du es nie besaßest!
5Erstdruck Cäcilia zu Skiold
O Vater! hörst du? — wie unglücklich muß
Handschrift Er sein!
Gothland Was meinst du?
Cäcilia Ich sprach nichts.
10Gothland Dir bebt die Stimme; fürcht dich nicht.
Cäcilia Wenn du
Das sagst, so will ich auch nicht fürchten!
Gothland So laß uns denn dein Lied vernehmen!
Er setzt sich. — Erik bringt der Cäcilia eine Harfe 15
Cäcilia sehr bewegt, beginnt erst nach einigem Zögern zu
singen
Handschrift „Einsam wandert und vertrieben
Ein banges Weib durchs Herbstgefild;
Fern irrt sie von ihren Lieben,
20Der Nachtwind sauset kalt und wild.“
„Es rauscht der Wald, es strömt der Regen,
Sie zittert wie ein welkes Blatt,
Erstdruck Kann ihr Haupt nicht niederlegen,
Und ach! es ist so müd, so matt.“
25„Ihr Gemahl —“
Gothland steht auf
„Ihr Gemahl,
Den sie mehr liebte als das Leben,
Für den sie Eltern und die Heimat ließ,
30Handschrift Dem sie ihr Alles hingegeben —
Er war es, der sie in die Wüste stieß.“
Gothland wird immer unruhiger
„— Gras wird bald ihr Grab umzittern,
Vom Abendhauche leis bewegt;
35Dann vielleicht wirds ihn erschüttern,
Daß nun der Busen nicht mehr schlägt,
Der ihn so sehr geliebt!“
Gothland Der ihn so sehr geliebt! Auch ich, auch ich
Kannt Eine Seele, die mich liebte,
40Doch diese Eine wird nun tot sein,
Nun liebt mich niemand mehr!